#NoDEF20: Militärtransporte

DB-Flyer

„Neuer Flyer „DB – Hat mein Zug wieder Verspätung?“
Sollen wieder Räder rollen für den Sieg? Das hatten wir schon. Wir hoffen, dass der Flyer gut verteilt wird, an Bahnhöfen, in Zügen, bei den Nachbarn etc. Gedruckte Exemplare sind beim Bremer Friedensforum erhältlich. Nachdruck jederzeit empfohlen!“
Bremer Friedensforum

Kapitalistische Mythen: Konkurrenz

Konkurrenz oder Kooperation? Das ist die entscheidende Frage

Die Ansicht, der Mensch sei von Natur aus ein Wesen, das konkurrenzorientiert ist und seine beste Leistung in einer Konkurrenzsituation erzielt, erscheint als eine Gewissheit, die keines Beweises bedarf. Was aber sagt die Wissenschaft?

Das Belohnungszentrum des menschlichen Gehirns reagiert positiv auf Situationen und Eigenschaften, die der Natur des Menschen entsprechen, und versucht mittels Ausstoßes von Dopamin sicherzustellen, dass die entsprechenden Handlungen auch tatsächlich durchgeführt werden. Daher sollte eine Untersuchung des Belohnungszentrums Aufschluss darüber geben, ob der Mensch von Natur aus eher nach Konkurrenz oder Kooperation strebt.

Tatsächlich zeigen eine Reihe von Experimenten, dass das Belohnungszentrum bei menschlicher Kooperation aktiv wird, nicht aber in einer Konkurrenzsituation. Es ist nicht nur aktiv, wenn wir kooperieren, sondern auch wenn andere mit uns kooperieren.

Joachim Bauer, Professor für Psychoneuroimmunologie an der Universität Freiburg, resümiert daher:

Das natürliche Ziel der Motivationssysteme sind soziale Gemeinschaft und gelingende Beziehungen mit anderen Individuen.


Bereits ein Blick auf ein Neugeborenes spricht Bände. Bekanntlich kann ein Mensch nach seiner Geburt nur äußerst kurz Zeit alleine überleben. Die allererste und grundlegende Erfahrung des Menschen ist deshalb: Er muss unbedingt kooperieren, um zu überleben. Kooperation ist sein Lebensmodus. Das Verhalten einjähriger Kinder bestätigt zudem, dass der Mensch von Natur aus nach Kooperation strebt. Kleinkinder bevorzugen Personen, die sich kooperativ verhalten, und bringen ihnen mehr Aufmerksamkeit und Zuwendung entgegen.

Auch das Verhalten des Kleinkindes steht im Zeichen von Kooperation. Matthieu Ricard, promovierter Zellgenetiker und weltbekannter buddhistischer Mönch, fasst den Forschungsstand wie folgt zusammen: Die „Verhaltensweisen der Kooperation und der selbstlosen Hilfe treten beim Kind spontan auf. Diese Verhaltensweisen treten sehr früh auf – im Alter von vierzehn bis sechzehn Monaten -, lange bevor die Eltern ihren Kindern die Regeln sozialen Verhaltens eingebläut haben und sie werden nicht durch äußeren Druck verursacht. In unterschiedlichen Kulturen treten sie zudem in der gleichen Altersstufe auf.“

Die Überzeugung, auf die der Kapitalismus aufbaut, der Mensch sei von Natur aus ein konkurrenzorientiertes Wesen, stellt sich somit als Mythos heraus. Bevor wir die Frage betrachten, ob die zweite Überzeugung des Kapitalismus, Konkurrenz sei der beste Motivator, tatsächlich mit der Wirklichkeit übereinstimmt, sei der Fokus hier kurz auf ein Thema gerichtet, das bei der Reflexion über das Wesen der Konkurrenz gerne leicht unter den Tisch fällt: Wie wirkt sich Konkurrenz auf die Psyche der Menschen aus? Insbesondere auf ihr Selbstwertgefühl, auf zwischenmenschliche Beziehungen?

Alle verlieren

Es bedarf keiner Erklärung, dass Niederlagen und Scheitern am Selbstwertgefühl nagen. Dies ließe sich vielleicht noch achselzuckend mit dem Hinweis ignorieren, es könne halt nur einen Sieger geben und die Spreu müsse vom Weizen getrennt werden, um die wirkliche Elite herauszufiltern. Erstaunlich jedoch, dass die Mutmaßung, Erfolg steigere das Selbstwertgefühl, alles andere als unbestritten ist. Tatsächlich ist die Beweislage in der wissenschaftlichen Forschung hierzu „enttäuschend schwach“. Hinzu kommt auch, dass hyperkompetitive Menschen „stark narzisstisch“ sind und über „ein geringes Selbstwertgefühl“ verfügen. Daher schreibt Alfie Kohn pointiert:

Konkurrenz ist für das Selbstwertgefühl wie Zucker für die Zähne.

Aus Mitmenschen werden Konkurrenten

Auch die zwischenmenschlichen Beziehungen sind durch die immer stärkere Präsenz der Konkurrenzsituation belastet. Im Alltag der Konkurrenz werden aus Mitmenschen Gegner, denn diese sind nichts anderes als Hindernisse zum eigenen Erfolg, die es zu überwinden gilt. Sei es in der Schule, in der Ausbildung, an der Universität oder bei der Arbeit.

Eine Übersicht zahlreicher Experimente und Studien sollte zu denken geben:

  • Konkurrenz erhöht das Misstrauen zwischen den Menschen und reduziert Empathie.
  • Konkurrenz erhöht die Aggressivität. Interessanterweise ist das Ergebnis dabei davon unabhängig, ob die Kindern den Sieg davontragen oder geschlagen werden.
  • Konkurrenz kann Kindern das Gefühl geben, nicht Herr des eigenen Schicksals zu sein.
  • Konkurrenz wird als frustrierend empfunden. Auch hier ist dies unabhängig vom Ergebnis. Dieses Paradox löst sich umgehend auf, wenn man berücksichtigt, dass der Wettkampf für Kinder als Bedrohung empfunden wird, weil immer auch die Ungewissheit des Ausgangs herrscht und stets eine Niederlage droht.
  • Konkurrenz stiftet Angst und Unsicherheit. Zum einen natürlich die Angst vor der Niederlage. Zum anderen aber paradoxerweise auch die Angst vor dem Sieg. (Beispiele von Sportlern, die im Angesicht des sicheren Sieges plötzlich versagen, gibt es viele – der berühmte „Wackelarm“ beim Tennis).

Alfie Kohn findet einmal eine pointierte Zusammenfassung:

Wenn wir zwischenmenschliche Beziehungen sabotieren wollten, hätte uns kaum etwas Besseres als Konkurrenz einfallen können.

All die aufgeführten und belegbaren Argumente gegen Konkurrenz könnten zumindest in gewisser Hinsicht aufgewogen werden, wenn sich zumindest ein Credo des Kapitalismus in der Wirklichkeit nachweisen ließe: dass die Konkurrenzsituation zu besseren Leistungen führe.

Ein grundlegender Gedankengang zeigt bereits auf, weshalb Konkurrenz in vielen Situationen gar nicht zur besten Leistung des Einzelnen führen kann. Die Motivation in der klassischen Konkurrenzsituation (die wir in verschiedenen Sportarten exemplarisch antreffen) ist extrinsisch. Ebenso die Zielsetzung. Der Psychologe Edward L. Deci (Universität Rochester) warnt daher, dass Menschen in einer Konkurrenzsituation der Frage, wie sie den anderen übertrumpfen und gewinnen können, vielmehr Aufmerksamkeit widmen als dem Streben nach einer bestmöglichen Lösung der Aufgabe.

So sicher die Gewissheit im Kapitalismus ist, der Mensch sei von Natur aus ein konkurrenzorientiertes Wesen und folglich am besten durch Konkurrenz zu motivieren, so sicher stellt eine genauere Analyse heraus, dass es sich hierbei schlicht um passende Mythen handelt. Aber es sind sehr mächtige Mythen, denn der Wettbewerbsgedanke erfasst immer mehr Bereiche des menschlichen Lebens. Besonders bedenklich hierbei der Wettbewerb zwischen Schulen, Universitäten und Krankenhäusern. Daher ist es von existentieller Wichtigkeit, die Rahmenbedingung in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft, die heute fast ausschließlich auf Konkurrenz gestellt sind, zu überdenken und zu verändern, damit sie tatsächlich der Natur des Menschen entsprechen.

Der Wirtschaftswissenschaftler Ernst Fehr von der Universität Zürich formuliert eine zentrale Erkenntnis: „Wenn der Glaube vorherrscht, dass die anderen kooperieren, dann ist die Kooperation jedes Einzelnen hoch; wenn der Glaube vorherrscht, dass die anderen nicht kooperieren, dann kooperiert tatsächlich keiner.“ Wir haben also die Wahl, ob wir der Kooperation, die der Natur des Menschen viel stärker entspricht als die Konkurrenz, Tür und Tor öffnen wollen, damit immer mehr Menschen kooperieren oder ob wir weiterhin auf Konkurrenz setzen und dadurch mögliche Kooperation zerstören.

aus: https://www.heise.de/tp/features/Konkurrenz-oder-Kooperation-Das-ist-die-entscheidende-Frage-4647091.html?seite=all

Radikalfeminismus

Radical feminism is a gift to men | Robert Jensen | TEDxRuhrUniversityBochum

https://www.youtube.com/watch?v=Mi5TG3E4rnE

In this passionate talk Robert Jensen challenges the common belief that feminism is a threat to men. He argues that there are arguments from both justice and self-interest to present to men when explaining the radical feminist position, especially in the context of a critique of the sexual-exploitation industries (prostitution, pornography, stripping). In his talk Jensen reflects on his own experiences with (radical) feminism and the role of that feminism in making possible a richer, more meaningful life.
Robert Jensen is Emeritus Professor in the School of Journalism at the University of Texas in Austin, author, founding board member of the Third Coast Activist Resource Center, and part of the team developing Ecosphere Studies at The Land Institute in Salina.

Kofra-Veranstaltung in München:
Kommunikationszentrum für Frauen zur Arbeits- und Lebenssituation e.V.
 
DAS ENDE DES PATRIARCHATS
Radikaler Feminismus für Männer
Vortrag von Prof. em. ROBERT JENSEN
Am 6. Juni von 16 – 18.00 Uhr
 
Radikaler Feminismus ist für Männer ein Geschenk. So die Aussage Robert Jensens, emeritierter Professor der School of Journalism der University of Texas/Austin. Männliche Dominanz werde durch permanente Konkurrenz, konfrontatives Verhalten, Machtdenken und Kontrollansprüche gegenüber Frauen aufrechterhalten. Die damit einhergehende Dehumanisierung, Entmenschlichung von Frauen zum bloßen Objekt männlicher sexueller Befriedigung entmenschliche letztlich auch den Mann. In einem System männlicher Dominanz müssen Männer ihre Männlichkeit immer wieder beweisen. Dies bedeutet einen Verlust an eigener Menschlichkeit. Robert Jensen zeigt, dass die Gesellschaftskritik radikaler Feministinnen diesen Kreislauf durchbricht. Männliche Dominanz und patriarchale Männlichkeitsvorstellungen müssen abgelegt werden, damit Männer ihre Fähigkeiten und Menschlichkeit erleben und entwickeln können. Das Ziel darin ist nicht, eine „neue Männlichkeit“ zu entwickeln, sondern den Mut zu zeigen, „Männlichkeit“ für eine gleichbe-
rechtigte und gerechte Gesellschaft hinter sich zu lassen. Jensen fordert damit einen radikalen feministischen Wechsel im Hinblick institutionalisierter Vorherrschaft von Männern und eine Zurückweisung von deren Behauptung, sie hätten ein Recht darauf, die weibliche Sexualität und Reproduktion zu kontrollieren. Er fordert ein Ende von Gewalt und Zwang als Basis aller Systeme von Unter- und Überlegenheit.
Jensen lehrte in Texas Medienrecht, Ethik und Politik. Er ist u.a. auch Mitglied von „Culture Refraimed“, dem Präventionsprojekt von Gail Dines gegen Pornografie.
 
weitere Veranstaltungen unter: http://kofra.de/layout/index.htm

Unfuckingfassbar: Welcome in der gestörten Warenwelt und der bekloppten Justiz

Kein Orgasmus: Freier verklagt Prostituierte

Winnenden/Waiblingen

Ein Mann hat in einem Winnender Hotel eine Prostituierte im Zimmer gehabt, hat sie bezahlt, hat auch ein paar Streicheleinheiten bekommen, aber nicht das, was er wollte und wofür er bezahlt hatte. Nach seinen Angaben kam es nicht zu einem Orgasmus. War es so? Ist das dann strafbarer Betrug? Dies war die Frage, die Richterin Figen Basoglu-Waselzada vor wenigen Tagen im Waiblinger Amtsgericht zur Entscheidung vorgelegt worden war. Die Antwort darauf zu finden, war indes nicht einfach, denn außer der Angeklagten und ihrem Kunden befanden sich am 20. März des vergangenen Jahres in dem Zimmer keine weiteren Personen, die über das Geschehen sachdienliche Angaben hätten machen können.

Richterin Basoglu-Waselzada führte souverän durch die Verhandlung. Sie erklärte, sie halte den Zeugen und seine Darstellung für glaubwürdig. Allein schon die Tatsache spreche für ihn, dass er sich der Befragung durch die Polizei und dieser Gerichtsverhandlung aussetze. Zudem habe er mit einfachen Worten und präzise beschrieben, wie er die Situation erlebt haben wollte. Staatsanwältin Schmidt schlug vor, das Verfahren gegen Zahlung von 500 Euro innerhalb von drei Monaten an „Brustkrebs e.V.“ einzustellen. Ein Angebot, das die Angeklagte nach Rücksprache mit ihrer Anwältin akzeptierte, mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass dies keine Verurteilung darstelle, und dass damit auch kein Schuldeingeständnis verbunden sei.

aus: https://www.zvw.de/inhalt.winnenden-waiblingen-kein-orgasmus-freier-verklagt-prostituierte.b9db7e84-26b3-48f1-bd30-8e079c0fb330.html?fbclid=IwAR3y74wSyJfUSXZl-WMMQPccDO3GuJVbRuysXShH1mPoYpkJ2KIlAKHsH5E

Chile: „Wir rufen alle Feministinnen auf, in erster Reihe gegen den Staatsterrorismus zu kämpfen“

Soziale Bewegungen in Chile fordern plurinationale und feministische Verfassung

Nachbarschaftsräte und feministische Gruppen wollen eine vom Volk ausgehende verfassungsgebende Versammlung

 

Die Nachbarschaftsversammlungen sind ein wichtiges organisatorisches Moment der anhaltenden Protestbewegung in Chile

Santiago de Chile. Im Innenhof der Universität von Santiago de Chile haben im Januar zwei große Treffen stattgefunden: Das Plurinationale Treffen der kämpfenden Frauen und das Treffen der Nachbarschaftsversammlungen. Etwa 5.000 Menschen nahmen insgesamt an den Zusammenkünften teil.

„Piñera soll sterben und nicht meine Freundin“, skandieren die Frauen am Wochenende vom 10. bis 12. Januar. Sie sind aus verschiedenen Teilen Chiles und aus 28 weiteren Ländern zusammengekommen, um über die politische Lage aus feministischer Perspektive zu sprechen und das politische Programm für den Frauenkampftag am 8. März vorzubereiten.

Am Samstagvormittag wurde über die feministische Bewegung während der aktuellen Proteste in Chile und zum verfassungsgebenden Prozess Bilanz gezogen. Nachmittags fanden Themengruppen unter anderem zu feministischer Bildung, Recht auf Wohnraum, Abtreibungsrecht, Migration und feministischem Internet statt.

Die 30-jährige Sindy Urrea ist aus dem etwa 1.500 Kilometer entfernten Chiloé zum Treffen angereist. „Wir sind hier, um Erfahrungen unter Feministinnen aus verschiedenen Territorien auszutauschen. Das ist sehr bereichernd und anschließend geben wir das an die Organisationen bei uns Zuhause weiter. Wir sind hier als Aktivistinnen, um gemeinsam Strategien zu entwickeln, damit unsere Forderungen umgesetzt werden.“

Das Treffen wurde begleitet von einem umfangreichen kulturellen Programm von feministischer Performance, Theater, Tanz und Musik. Auch wenn es eine Vielzahl verschiedener Meinungen bei dem Treffen gab, waren alle einig: Die neue Verfassung von Chile muss feministisch und plurinational sein.

Bevor es aber eine neue Verfassung geben kann, müssten zunächst einige Bedingungen erfüllt werden, lautete eine weitere Schlussfolgerung des Treffens. „Wir rufen alle Feministinnen auf, in erster Reihe gegen den Staatsterrorismus zu kämpfen“, sagte Alondra Carrillo, Sprecherin der Coordinadora Feminista 8 de Marzo, die das Treffen gemeinsam mit über 20 weiteren feministischen Organisationen organisiert hat. „Wir fordern ein sofortiges Ende der systematischen Menschenrechtsverletzungen. Piñera muss dafür politisch zur Verantwortung gezogen werden, und er sowie seine gesamte Regierung müssen gehen. Wir fordern außerdem eine unabhängige Gerechtigkeits- und Erinnerungskommission sowie die Freilassung aller politischen Gefangenen.“

Für die erste Märzwoche haben die Feministinnen in ganz Chile Proteste geplant und wollen so der Bewegung, die seit dem 18. Oktober das Land erfasst hat, einen neuen Schub geben. Der 2. März ist der sogenannte Super-Montag, an dem das neue Schuljahr und Semester beginnt und Proteste der Schülerschaft und Studierenden geplant sind. Es folgt der Frauenkampftag am 8. März und der produktive und reproduktive Streik am 9. März. Der 11. März ist der Tag, an dem Präsident Piñera vor zwei Jahren gewählt wurde und es sind Proteste gegen ihn und seine Regierung geplant. „Eine Frau, eine Barrikade“, ist der Kampfruf für März.

Auch beim Treffen der Nachbarschaftsversammlungen am 18. Januar, zu dem die Coordinadora de Asambleas Territoriales (CAT) aufgerufen hatte und an dem Vertreter von über 164 Versammlungen teilnahmen, waren sich alle einig, dass die Proteste weitergehen müssen. In Kleingruppen besprachen die Teilnehmenden ihre kurzfristigen, mittelfristigen und langfristigen Forderungen. Zu dringenden Forderungen gehören die Verurteilung der Menschenrechtsverletzungen durch staatliche Akteure, die Garantie von sozialen Grundrechten, wie Bildung, Gesundheit Wohnen, Renten und Wasserversorgung. Die langfristigen Forderungen zielten auf einen Systemwechsel und ein Ende des Neoliberalismus.

Die 34-jährige Paula Araneda, die zur Asamblea Territorial Autoconvocada San Isidro-San Borja gehört, erklärte: „Für mich ist das Schönste dieses Prozesses, meine Nachbarn kennengelernt zu haben. Ich will, dass wir eine andere Gesellschaft aufbauen. Dabei geht es nicht nur um die neue Verfassung, sondern um einen tiefgreifenden sozialen Wandel, um Selbstverwaltung und Souveränität.“

Im März und April soll durch landesweite Proteste Druck auf die Regierung ausgeübt werden, damit der verfassungsgebende Prozess nicht von der politischen Elite gestaltet wird. Am 26. April wird darüber abgestimmt, ob es eine neue Verfassung geben und welche Art von Organ diese ausarbeiten soll, eine „gemischte Kommission“ aus 50 Prozent gewählten Bürgerinnen und Bürgern und 50 Prozent Abgeordneten, oder eine Verfassungskonvention gänzlich gewählt aus der Bevölkerung, bei der aber nur Mitglieder politischer Parteien infrage kommen.

Da das Abkommen für eine neue Verfassung am 15. November von der Regierung und der Opposition hinter dem Rücken der Protestbewegung beschlossen wurde, fühlen sich viele durch den institutionellen Prozess nicht repräsentiert. Die Meinungen beim Treffen waren geteilt: Manche wollen für die neue Verfassung abstimmen, andere wollen die Volksbefragung boykottieren, weil sie dem institutionellen Prozess nicht vertrauen und keine Option sehen, für eine verfassungsgebende Versammlung zu stimmen, die vom Volk aus gestaltet wird.

aus: https://amerika21.de/2020/02/237020/plurinationale-feministische-verfassung

Demokratie

Parlamentarische Demokratie als patriarchaler Rohrkrepierer

Das große Geheuchel der „bürgerlichen Mitte“-Parteien über die Thüringer Ministerpräsidentenwahl oder warum Feministinnen Macht ablehnen müssen

Herr Kemmerich von der FDP lässt sich mit freundlicher Unterstützung der AfD zum Thüringischen Ministerpräsidenten wählen – so weit so demokratisch. Das Geschrei der Gralshüter der Demokratie ist groß. Wie sie sich alle echauffieren, die Kevin Kühnerts, die AKKs, die Göring-Eckardts – die anständigen, wahren Demokratinnen! Von Tabu- und Dammbruch ist die Rede. Vertrauensfragen werden gestellt, Blumensträuße fliegen auf den Boden. Die Aufregung geht weiter: Kemmerich will trotz Shitstorms nicht sofort zurücktreten, menno. Aber warum sollte er auch? Wurde er etwa nicht ganz rechtmäßig mithilfe der zweit- und drittstärksten Parteien in sein Amt befördert? Wo wurde denn hier gegen die ach so fortschrittlichen demokratischen Regeln verstoßen? Oder gilt Demokratie immer nur dann, wenn einem das Ergebnis passt?

Parlamentarismus heißt Macht

Seien wir doch mal ehrlich: Das eigentliche Problem ist nicht, dass sich ein Hardcore-Liberaler mithilfe von Neo-Faschisten zum Ministerpräsidenten wählen lässt. Das echte Problem beginnt viel früher, sitzt viel tiefer und heißt Macht. Sie infiltriert in ihren verschiedenen Ausprägungen und Symptomen – Autorität, Hierarchien, Konkurrenz, Leistungsdruck, Geld, Eigentum, Diskriminierungen – unsere gesamte Gesellschaft wie ein Krebsgeschwür. Wir sehen zu, wie sie schon unsere Kinder charakterlich ruiniert, und unternehmen dennoch nichts gegen sie, gehört sie doch so sehr zur Normalität, die man nicht in Frage stellt. Macht mag in einer parlamentarischen Demokratie etwas subtiler und freundlicher daherkommen als in einer Diktatur, zerstörerisch ist sie dennoch. Und das merken die Menschen, umso eher, je schlechter es ihnen geht, je tiefer sie stehen in der Hackordnung.

Systemwechsel heißt Aufgabe der parlamentarischen Demokratie

Wir entschuldigen hier keine AfD-Wähler, wir entschuldigen aber genauso wenig die Wählerinnen anderer Parteien. Sie wären alle besser als Systemboykottierer zu Hause geblieben oder hätten auf der Straße die Revolution eingeläutet für eine andere Form des Zusammenlebens, den Systemwechsel. Die parlamentarische Demokratie ist eine Macht-Ordnung, die Mitbestimmung in Form freier Wahlen vorgaukelt. Wir dürfen aussuchen, wer uns zukünftig fremdbestimmt und können frei wählen zwischen Pest oder Cholera, eitel oder dummdreist, größeres oder kleineres Übel, schlimm-schlimmer-am schlimmsten. Das Ergebnis steht schon immer vorher fest: Wir fahren diesen Planeten vor die Wand, mal schneller, mal langsamer, mal mit, mal ohne Antisemitismus. Mal bürgerlich-mittig (ehemals linke Parteien bezeichnen sich selber ja schon gar nicht mehr als links), mal konservativ, mal realpolitisch, mal neoliberal, völkisch-national oder multikulti – aber immer kapitalistisch-ausbeuterisch, regiert. Die fortschrittlichste Form des Zusammenlebens: die parlamentarische Demokratie! Hurra!

Doch spätestens mit dem eingeläuteten Ende des Kapitalismus – die Erde zeigt uns, wer hier am längeren Hebel sitzt – bröckelt auch die scheinheilige Fassade dieser höchst entwickelten Zivilisationsform. Mit dem Kapitalismus werden auch die parlamentarischen Demokratien sterben. Da sollten wir eigentlich nachhelfen und vorbereitet sein für den Systemwechsel. Und hier sind wir beim einfallslosen, bürgerlichen Feminismus, der Gleichberechtigung fordert für Frauen in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, beim Geld und überall, also Macht, und das radikal findet. Und dann? Wird die Welt dann besser? Sind wir das Patriarchat dann los? Oder ein Teil dessen, mit ihm verschmolzen in all seinen Bastionen?

Radikalfeminismus heißt Abkehr von Macht

Unser Problem sind nicht Männer, sondern Macht, die auf uns ausgeübt wird, zwar mehrheitlich von Männern, aber dank Emanzipation auch immer mehr von Frauen – die Chefin, die Vermieterin, die Richterin – sowie in subtiler Form, weil unpersönlich, von aus Menschenhand gemachten Institutionen wie dem Markt, einer Behörde, staatlichen Gesetzen etc. Wenn Feminismus bedeutet, sich aus männlicher Macht zu befreien, dann darf der Feminismus vor anderen personellen oder institutionellen Mächten keinen Halt machen und erst recht nicht selber Macht anstreben. Zumal Macht, das liegt in ihrer Natur, sowieso immer nur wenigen vorbehalten ist. Es kann nur eine Germany’s next Top… äh Chefin werden. Es gilt also, die Systemfrage zu stellen. Und die bedeutet nicht die Forderung eines gleichberechtigten Zugangs zu Macht, sondern im Gegenteil die Abkehr von Macht. Mit der zutiefst konservativen Forderung nach Gleichberechtigung in einem patriarchalen Gesamtwerk ohne Systemwechsel im Blick begeben wir uns auf dem Holzweg in die Sackgasse.


aus: https://dieschoenenrosen.blog/2020/02/14/parlamentarische-demokratie-als-patriarchaler-rohrkrepierer/

Kunstwettbewerb: Angsträume

Der Senator für Kultur schreibt einen Kunstwettbewerb aus (Bereich vor der Helenenstraße) für eine saubere und sichere Stadt zur Vermeidung von Angsträumen und gegen Verwahrlosung. Erwartet werden auch „Gestaltungsvorschläge, die zusätzliche ungewünschte Graffiti erschweren bzw. sich mit gängigen Methoden unkompliziert reinigen lassen“. Kunst sticht „Kunst“. Nun denn:

Da Bremen eine Rüstungsstadt ist, wäre doch ein bisschen High-Tech angebracht. Da war doch dieses schöne EU-Überwachungsprojekt. „Indect“, auf Deutsch „Intelligentes Informationssystem zur Überwachung, Suche und Detektion für die Sicherheit der Bürger in urbaner Umgebung“, bündelt verschiedene Überwachungsmittel. Zum Einsatz kommen Drohnen, Kameras, Gesichtserkennung, Bildanalyse, Datenbanken, Internet.

Das Cleverchen erkennt „abnormales Verhalten“ und wenn Schmierereien abnormal sind, manche werden es noch aus der Schulzeit kennen – Narrenhände beschmieren Tisch und Wände – dann doch wohl unautorisierte Graffitis. Erst fragen, dann malen, bitte, danke, so muss das laufen. Wer sich außerhalb des wohlfeilen Benehmens bewegt, könnte dann von einer Drohne selbstständig verfolgt und nach Datenabgleich von der Polizei bereits Zuhause oder am Arbeitsplatz empfangen werden. Was für ein Service, da sage noch mal einer Dienstleistungswüste Deutschland. Was gilt denn aber als „abnormales Verhalten“? „Herumlungern“ oder „sich umschauen“, „nach dem Spiel im Stadion sitzen bleiben“ oder „zu lange neben einem Auto stehen“, plötzlicher Richtungswechsel, lautes Geschrei oder bei Rot über die Ampel gehen. Zu ergänzen wäre hier selbestverständlich noch das Nichtstehenbleiben vor wahrer Kunst, das können nur Kunstbanausen sein. Drohne los! Wie praktisch, dass sich Drohnen auch mit Waffen aufrüsten lassen. Also, wenn man das kann, dann sollte so was doch genutzt werden, wäre sonst schade drum, gell. Kollateralschäden? Schlimm, schlimm, lässt sich aber nicht ändern. C’est la vie.

Die Drohnen und Kameras finden sicherlich ein schönes Nest auf dem Pisshäuschen im Eingangsbereich. Aug in Aug überlegt sich jede sicherlich zweimal, einen Stift oder eine Spraydose zu zücken.

Muss nur noch die EU gefragt werden, was die mit diesem geilen Forschungsprojekt inzwischen gemacht hat. Oder einfach mal bei BMBF, Unis, Polizei, Bahn, Institute, Sicherheitsfirmen nachfragen, auch nach weiteren Projekten zur Mustererkennung: APFeL, ASEV, CAMINSENS, MuViT, MisPel. ADIS

Und everybody is save. „Domo arigato (vielen Dank), Mr. Roboto“!

Alle können besser schlafen, die Frauen, die in der Helenenstraße von Freiern und Co. benutzt werden, die Erwerbslosen, die vom Jobcenter drangsaliert werden, die Arbeitenden, die von Unternehmen ausgepresst werden, die Mieter, denen die Zwangsräumung droht, die Kinder, die in der Schule aussortiert werden …

Musik

“No Man`s Land” – Interview mit Frank Turner

Das hier wird ein für mich besonderer Post. Zum einen weil ich zum ersten Mal ein Interview im Rahmen meines Musikjournalismus geführt habe, welches von vornherein auch einen feministischen Anspruch hatte und zum Crossposten hier vorgesehen war. Zum anderen weil mir die Kontroversität durchaus bewusst ist, einem Mann, in dem Fall einem männlichen Musiker Raum auf einem feministischen Blog einzuräumen. Das insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Reaktionen auf Frank Turners achtes Studioalbum von überschwänglicher Begeisterung bis zum “Mansplaining”-Vorwurf reichen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass das Interview eigentlich erst dadurch zustande gekommen ist, dass ich Frank im August des vergangenen Jahres eine Mail schrieb, die nicht nur Lob, sondern auch Kritik enthielt (auf die er im Übrigen sehr positiv, man könnte auch sagen dankbar reagierte). Vielleicht wird es also für diesen Beitrag Kritik hageln, vielleicht aber auch nicht …

Tatsächlich war das Album ursprünglich gar nicht als Album über Frauen geplant, sondern hat sich mehr oder weniger als solches ergeben. Die entsprechenden, bereits erwähnten Reaktionen, ließen auch nicht lange auf sich warten …

“No Man`s Land” handelt also von zwölf historischen Frauen, plus einem Song über seine Mutter. Da ist zum Beispiel die amerikanische Jazz- und Blues Sängerin und Gitarristin Rosetta Tharpe, der Frank das Lied “Sister Rosetta” gewidmet hat.

Im Interview haben wir darüber gesprochen wie ein Musiker sich als “Ally” für Frauen erweisen kann und wie Frank Turner dieser selbst gewählten Rolle gerecht werden will. Zwei Dinge waren ihm dabei wichtig:

“Vor ein paar Jahren gab es diese Sache, ich weiß nicht ob du das gesehen hast, da hat jemand das Poster vom Reading Festival genommen und alle Bands durchgestrichen, die ausschließlich aus Männern bestanden. Es blieben gerade mal drei übrig. Wer auch immer das gemacht hat, ich ziehe meinen Hut vor der Person, denn das war ein echt effektives politisches Handeln. Bei mir hat es ein Aha-Erlebnis ausgelöst und ich habe mich überdacht. Es gibt ja nicht viel auf diesem Planeten über das ich Kontrolle habe, aber ich kann entscheiden mit wem ich auf Tour gehe, wenn ich Headliner bin. Ich gebe mir richtig mühe dieser Tage ein möglichst ausgewogenes Geschlechterverhältnis bei meinem Line-Up zu haben.”

Wie Musik-Festivals ohne männliche Bands aussehen würden

Frank sprach von der wichtigen Rolle, die seiner Meinung nach Frauen auf der Bühne für junge Mädchen oder Frauen als Vorbilder spielen:

“Und auch das hier ist jetzt nur aus zweiter Hand, weil ich ein Typ bin, aber wir haben mit BAD COP BAD COP in den USA getourt, die sind einfach der Hammer, mit der Sängerin Stacey bin ich seit mehr als 20 Jahren befreundet. Ich hab mir deren Show Abend für Abend angeschaut und hab insbesondere die jüngeren Frauen in der ersten Reihe wahrgenommen und in ihren Augen konnte ich lesen „Verdammt, ich kann mich mir jetzt auf dieser Bühne vorstellen!“ Es setzt die Hürden tiefer und eröffnet Möglichkeiten. Es gibt eine Band in den Staaten, WAR ON WOMEN, die sind einfach unglaublich. Meine Frau mag keinen Punkrock, oder sagen wir sie mag kein Hardcore Punk. Wir waren zusammen auf einem WAR ON WOMEN Konzert und sie drehte sich zu mir um und sagte: „Ich kapier es jetzt! Das ist großartig! Kein bulliger, wütender Mann, der mich anschreit, sondern jemand in dem ich mich wieder erkennen kann, die mir Dinge entgegen schreit, die mir wichtig sind“. Sie sagte auch: „Jetzt verstehe ich, warum du Hardcore Punk liebst.“ Das Feeling ist das Gleiche, aber es sind eben nicht irgendwelche Typen…”

“Ich habe auch schon Sachen mit der Kampagne „Safe Gigs for Women“ in Großbritannien gemacht. Auch das war ein Lernmoment für mich. Die haben angefangen mit einem Blog über sexuelle Übergriffe bei Konzerten. Eine dieser Geschichten drehte sich um etwas, was auf einem meiner Konzerte passiert ist. Mein anfänglicher Impuls war „Nein! Das ist nicht bei meinem Konzert passiert!“ Ich hab das dann gelesen und hab mir gedacht „Verdammte scheiße!“. – Ich bin kein Polizist wenn ich auf der Bühne bin, aber gleichzeitig habe ich erkannt, dass es eine Bedeutung hat, wenn ich meine Bekanntheit nutze, um über diese Dinge zu sprechen und Leute die da drüben stehen mit der Nase darauf stupse. Es sind also kleine Dinge wie diese.”


Musikalisch betrachtet bin ich selbst großer Fan von “Sister Rosetta”, aber auch “The Lioness”, ein Song über die ägyptische Feministin Huda Sha-arawi (1839 – 1947) , deren Tochter im Podcast zu hören ist. 1922 traf Huda die Entscheidung in aller Öffentlichkeit den Schleier abzulegen und sorgte damit für Aufsehen. Im Song heißt es: „Huda Sha’arawi war der Name der Löwin. Ihr Herz wohlgefüttert, ihre Augen entflammt. Ihr unbedecktes Gesicht zeigte was sie überwunden hatte. Huda ist die Löwin, und sie wird sich nicht zähmen lassen“ – ein Lied über eine Störenfrieda sozusagen. Für den Podcast suchte Turner historische Orte der besungenen Frauen auf, aufgrund von komplizierten Visa-Prozessen schaffe er es zu seinem eigenen Ärger nicht nach Kairo um Hudas Tochter persönlich zu treffen.

aus: https://diestoerenfriedas.de/no-mans-land-interview-mit-frank-turner/

Polizeistaat: Zwangsgebühren für Polizeiarbeit, was sich sicherlich gut gegen politisch Aktive und sonstige unliebsame Menschen einsetzen lässt

Gebühren für Maßnahmen der Polizei

Bezahlte Repression

Die Bundespolizei hat eine besondere Gebührenordnung eingeführt. In Konflikt mit der Staatsmacht zu kommen, kann nun extra teuer werden.

Unbemerkt von der Öffentlichkeit hat das Bundesinnenministerium (BMI) diesem Szenario noch etwas hinzugefügt: eine Strafe vor der Strafe. In einer im Oktober in Kraft getretenen Verordnung wurde festgelegt, dass sie für die nicht bestellte Polizeidienstleistung auch noch zahlen müssen. Die Identitätsfeststellung: 53,75 Euro. Die Anordnung zur Gewahrsamnahme: 74,15 Euro. Eine Viertelstunde Fahrt auf die Wache: 15,69 Euro. Erkennungsdienstliche Behandlung mit Fotos und Fingerabdrücken: 59,50 Euro. Jede Viertelstunde in Gewahrsam: 6,51 Euro.

Für einen stinknormalen Polizeieinsatz soll man also eine hohe dreistellige Summe auf den Tisch legen, noch bevor der Rechtsstaat über ihre Schuld befindet und die eigentliche Strafe verhängt. Fast verwunderlich, dass man nicht noch 10 Cent für jede angefallene Seite Papier berappen muss.

Besondere Gebührenverordnung des BMI“ nennt sich diese Schikane. Zur Kasse gebeten werde soll, wer vorsätzlich oder fahrlässig eine „Gefahrenlage“ schafft. Blöd nur, dass der Großteil von Strafrechtsverstößen unter diese Kategorien fällt. Auch wenn sich das Bengalo von alleine entzündet, wird die Polizei von Fahrlässigkeit sprechen. Für die Staatskasse ist das gut. 2,78 Millionen Euro soll die Bundespolizei durch die Gebühren im Jahr eintreiben. Und wer weiß schon, ob die Polizei nun nicht auch mal die eine oder andere unnötige Maßnahme extra durchführt.

In NRW sind inzwischen die ersten Rechnungen verschickt worden. Wie die Westdeutsche Zeitung berichtet, soll eine Frau nun 550 Euro blechen, weil sie am Düsseldorfer Hauptbahnhof ihren Koffer vergessen hatte. Als sie nach einer halben Stunde ausfindig gemacht wurde, war der Fundort bereits abgesperrt und ein Sprengstoffhund unterwegs.

aus: https://taz.de/Gebuehren-fuer-Massnahmen-der-Polizei/!5658040/

Demokratie: Gewaltapparat Polizei dient immer den Interessen der Mächtigen

Proteste in Frankreich: “Die Polizei verbreitet Chaos und Angst”

Martin Barzilai arbeitet als Lehrer und aktivistischer Fotograf in Paris. Mosaik-Redakteur*innen Klaudia Wieser und Martin Konecny sprachen mit ihm über Frankreich im Ausnahmezustand, ängstliche MachthaberInnen und eine neue Dimension der Polizeigewalt.

Vor einigen Tagen konnte ich die Polizei dabei fotografieren, wie sie einen Demonstranten brutal verprügelte. Es war überall Blut und die am Boden liegende Person wurde schwer verletzt. Ich habe lange darüber nachgedacht, wie und welches Foto ich davon veröffentliche. Am Ende habe ich es an eine große Zeitung gespielt. Ich hatte Glück und auch die gewissen Beziehungen, um es an die Öffentlichkeit zu bringen. In den meisten Fällen berichten die Massenmedien nicht über solche Fälle. Der Demonstrant wurde mehr als 24 Stunden von der Polizei festgehalten und muss jetzt vor Gericht. Die Polizei beschuldigt ihn, dass er sie attackiert hätte. Nachdem ich das Foto veröffentlicht habe, baten mich seine Anwälte, als Zeuge aufzutreten. Sie verwenden meine Fotos als Beweismittel.

18. Jänner 2020, Demonstration in Paris, FOTO: Martin Barzilai

Was kann man dieser Polizeigewalt entgegensetzen?

Es gibt leider wenig Möglichkeiten, etwas dagegen zu tun. Die Institution Polizei an sich ist in Frankreich sehr stark im Staatsapparat verankert. Es gibt linke Anwält*innen, die sich in Kollektiven zusammenschließen und Verteidigungen für Demonstrant*innen leisten. Seit Jahren haben wir aber kaum Fälle gesehen, wo sie vor Gericht Siege erzielten.

Die Polizei hält sich an keine Regeln. Seit 2014 sollten eigentlich alle Polizisten ihre Dienstnummern sichtbar tragen. Aber nur vielleicht ein Fünftel macht das auch. Ihre Strategie ist die Verbreitung von Chaos und Angst. Ich würde sagen, dass du bei einer Demonstration in Frankreich vielleicht nicht getötet werden kannst, aber du kannst ein Auge oder einen Arm verlieren und andere schwerwiegende Verletzungen davon tragen.

Bei Demonstrationen verwenden sie zwei Arten von Waffen, die in den meisten europäischen Ländern verboten sind. Zum einen sind das sogenannte Flashballs, die aussehen wie große Gummigeschoße.  Zum anderen schießen sie mit einer Art Schockgranaten. Sie erzeugen großen Lärm, sind aber zusätzlich mit einer kleinen Menge Sprengstoff gefüllt. Demonstrant*innen können bei den Explosionen schwer verletzt werden.

Wir müssen uns daran erinnern, dass diese brutale Art von „Aufstandsbekämpfung“ in den migrantischen Vorstädten und Arbeiter*innenbezirken am Rande von Paris getestet und präzisiert wurde, bevor sie heute an weißen Demonstrant*innen angewandt wird.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Machthaber*innen haben Angst. Der massive Anstieg an Polizeigewalt ist die Folge davon. Das ist nicht nur in Frankreich der Fall. Ich denke es ist wichtig, global zu denken und lokal zu handeln. Diese Gewalt ist eine direkte Auswirkung des Kapitalismus und des Rassismus und dagegen müssen wir alle gemeinsam eintreten. Es ist wichtig, verschiedene gesellschaftliche Gruppen zu vernetzen, die wütend, allein und in ihrer Existenz bedroht sind. Das ist eine komplex Herausforderung, bleibt aber die einzige Chance, weitere Erfolge zu erzielen.

aus: https://mosaik-blog.at/proteste-frankreich-polizei/

Im Westen nichts Neues – lauter Schurkenstaaten

«Vor unseren Augen kreiert sich ein mörderisches System»

Eine konstruierte Vergewaltigung und manipulierte Beweise in Schweden, Druck von Grossbritannien, das Verfahren nicht einzustellen, befangene Richter, Inhaftierung, psychologische Folter – und bald die Auslieferung an die USA mit Aussicht auf 175 Jahre Haft, weil er Kriegsverbrechen aufdeckte: Erstmals spricht der Uno-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, über die brisanten Erkenntnisse seiner Untersuchung im Fall von Wikileaks-Gründer Julian Assange.

Sie sagen: Die schwedischen Behörden waren an der Aussage von Assange nicht interessiert. Medien und Behörden zeichneten in den vergangenen Jahren ein gegenteiliges Bild: Julian Assange sei vor der schwedischen Justiz geflüchtet, um sich der Verantwortung zu entziehen.
Das dachte ich auch immer, bis ich zu recherchieren begann. Das Gegenteil ist der Fall. Assange hat sich mehrfach bei den schwedischen Behörden gemeldet, weil er zu den Vorwürfen Stellung nehmen wollte. Die Behörden wiegelten ab.

Was heisst das: Die Behörden wiegelten ab?
Darf ich von vorn beginnen? Ich spreche fliessend Schwedisch und konnte deshalb alle Original­dokumente lesen. Ich traute meinen Augen nicht: Nach Aussagen der betroffenen Frau selber hat es nie eine Vergewaltigung gegeben. Und nicht nur das: Die Aussage dieser Frau wurde im Nachhinein ohne ihre Mitwirkung von der Stockholmer Polizei umgeschrieben, um irgendwie einen Vergewaltigungs­verdacht herbeibiegen zu können. Mir liegen die Dokumente alle vor, die Mails, die SMS. Continue reading

Demokratie – was nicht passt, wird passend gemacht

Die Grenzen der europäischen Demokratie

EU-Austritt Großbritanniens: Berlin und EU-Eliten erstmals mit dem Versuch gescheitert, ein missliebiges Referendum aufzuheben

Mit dem heutigen Austritt Großbritanniens aus der EU setzt zum ersten Mal ein Mitgliedstaat das Ergebnis eines Referendums um, das den Interessen der EU-Eliten zuwiderläuft. Zuvor war es der Union sowie ihren Parteigängern in den betreffenden Ländern stets gelungen, missliebige Referendumsresultate glatt auszuhebeln – entweder per Wiederholung der Abstimmung, so etwa 1992/3 in Dänemark und mehrmals in Irland, oder auch mit Verfahrenstricks wie der Umbenennung der EU-Verfassung in „Vertrag von Lissabon“. In Griechenland hatten Brüssel und Athen der Bevölkerung, als diese im Jahr 2015 per Referendum ein hartes Kürzungsdiktat zurückgewiesen hatte, gar noch härtere Einsparungen oktroyiert. Nach dem britischen Referendum vom Juni 2016 sind erstmals alle Versuche gescheitert, das Resultat zu korrigieren. Dabei hatten Berliner Regierungspolitiker bereits wenige Tage nach der Abstimmung mit der Suche nach Optionen begonnen, das Resultat auszuhebeln – etwa per Wiederholung des Urnengangs. Auch Spitzenfunktionäre der EU hatten regelmäßig interveniert – ohne Erfolg.

Nie in Zweifel gezogen

Die Resultate von Referenden sind in der EU immer nur dann in Frage gestellt worden, wenn sie den Interessen der unionsorientierten Eliten zuwiderliefen. Entsprachen sie ihnen, dann genügten stets auch recht knappe Siege, um das Vorhaben, über das in der jeweiligen Abstimmung entschieden worden war, umstandslos zu realisieren. …

Zustimmung erkauft

Anders verhält es sich regelmäßig, wenn das Resultat eines Referendums bei den EU-Eliten auf Missbilligung stößt. Dies war erstmals der Fall, als die Bevölkerung Dänemarks am 2. Juni 1992 mit 50,7 Prozent den Vertrag von Maastricht ablehnte. Die Abstimmung wurde am 18. Mai 1993 wiederholt. Immerhin machte Brüssel Kopenhagen damals noch echte Zugeständnisse. …

Mit Propaganda zum Erfolg

Keine relevanten Zugeständnisse mehr erhielt die Bevölkerung Irlands, als sie 2001 und 2008 EU-Verträge durchfallen ließ und jeweils zu einem zweiten Wahlgang gebeten wurde. …

Gegen den Willen der Mehrheit

Dass das irische Lissabon-Referendum wiederholt werden musste, war dabei ausschließlich einer Besonderheit der irischen Verfassung geschuldet, die bei bestimmten Fragen großer Reichweite die Befragung der Bevölkerung so gut wie unvermeidlich vorschreibt. Allgemein waren die EU und ihre Anhänger unter den Eliten der Mitgliedstaaten damals bereits dazu übergegangen, Referenden einfach zu umgehen. Dies war zuerst der Fall, nachdem die Bevölkerungen Frankreichs und der Niederlande ihre Zustimmung zu der geplanten EU-Verfassung ausdrücklich verweigert hatten. In Frankreich war das Dokument in einem Referendum am 29. Mai 2005 von 54,7 Prozent abgelehnt worden, in den Niederlanden am 1. Juni 2005 von 61,5 Prozent. Die EU und ihre Mitgliedstaaten transformierten den Verfassungsvertrag daraufhin ohne wesentliche Änderungen in ein gewöhnliches Abkommen, das in allen EU-Ländern bis auf Irland ohne Referendum ratifiziert werden kann, und unterzeichneten es, nun unter dem neuen Namen „Vertrag von Lissabon“, am 13. Dezember 2007. Ähnlich gingen Brüssel und Den Haag vor, als die niederländische Bevölkerung am 6. April 2016 das EU-Assoziierungsabkommen mit der Ukraine zurückwies. Das Parlament ratifizierte wenig später den Vertrag, ergänzt um einige „Klarstellungen“, gegen den expliziten Willen der Bevölkerung. Hohe Wellen geschlagen hatte zuvor das Referendum, in dem die Bevölkerung Griechenlands am 5. Juli 2015 mit 61,3 Prozent brachiale Kürzungsdiktate der EU abgelehnt hatte. Athen und Brüssel reagierten, indem sie den widerspenstigen Bürgern noch brutalere Einsparungen oktroyierten.

Die alten Rezepte

Im Fall des britischen EU-Austrittsreferendums vom 23. Juni 2016, in dem sich 51,9 Prozent der Bevölkerung dafür aussprachen, die Union zu verlassen, ist es Brüssel und den EU-orientierten Spektren im Land des Urnengangs zum ersten Mal nicht gelungen, ein missliebiges Resultat zu korrigieren. Versuche, dies zu tun, hat es von Anfang an gegeben. In Berlin etwa diskutierten Berichten zufolge bereits wenige Tage nach dem Referendum die Bundeskanzlerin und weitere Regierungsmitglieder, „wie die Briten vielleicht doch noch in der EU verbleiben könnten“; dabei wurden unter anderem eine Wiederholung des Referendums, ersatzweise Neuwahlen in Betracht gezogen.[1] Deutsche Leitmedien spekulierten, Regierung oder Parlament könnten sich weigern, dem Mehrheitswillen der Bevölkerung nachzukommen, und das Austrittsverfahren entweder einfach nicht einleiten oder aber seine Durchführung gesetzlich untersagen.[2] Manche schlugen vor, dem Vereinigten Königreich lediglich desolate Austrittsbedingungen zuzugestehen – in der Hoffnung, man könne, wenn man diese der Bevölkerung zur erneuten Entscheidung vorlege, das Referendumsresultat umkehren.

aus: https://www.german-foreign-policy.com/news/news/detail/8172/

So funktioniert Politik: Scheiß auf die Menschen und den Planeten

Datteln 4: das neue Symbol der Klimabewegung

Es klingt absurd: Der Kohleausstieg beginnt damit, dass ein neues Steinkohlekraftwerk in Betrieb genommen wird. Noch 2020 soll der vierte Block des Kraftwerks Datteln ans Netz gehen – zumindest, wenn die Einigung zwischen Bundesregierung und Ministerpräsidenten über den Ausstiegspfad so zum Gesetz wird, wie derzeit geplant. „Ein völlig falsches Signal“ nannte das Barbara Praetorius, die frühere Vorsitzende der Kohlekommission.

Und das nicht nur wegen des Kohleausstiegs: Datteln 4 ist schon lange umstritten. Der BUND klagte 2005 gegen den Neubau, der damalige Betreiber E.on baute trotzdem und schuf Fakten. Ein Gericht entschied im Sinne der Kläger, die Behörden verhängten einen Baustopp – und dann änderte die Landesregierung in NRW den maßgeblichen Landesentwicklungsplan einfach im Sinne der Kraftwerksbetreiber und erteilte später eine Ausnahmegenehmigung. Derzeit läuft Datteln 4 in einer Art Testbetrieb.

aus: https://www.piqd.de/klimawandel/datteln-4-das-neue-symbol-der-klimabewegung

Kunstwettbewerb: Urinal ist bereits da, Farbe kommt, Gewalt gegen Frauen bleibt

Der Staat schafft Räume der Angst, spaltet und bewertet Menschen nach ihrer Verwertbarkeit, weil das nun einmal zu seiner menschenfeindlichen Logik gehört. Es ist seine Politik, die die Menschen knechtet und die die Wirtschaft in ihrem Wahnsinn bestätigt. Und nun soll mit einem bisschen Kunst die Ausbeutung und Gewalt übertüncht werden (nebenbei vermutlich auch davon abgelenkt werden, dass die Freier selbst zum treffsicheren Pissen zu blöde sind). Und natürlich will der Staat keine freie Kunst, wenn wie hier von den Wettbewerbern „Gestaltungsvorschläge, die zusätzliche ungewünschte Graffiti erschweren“ erwartet werden.

Doch wie hilft das den Frauen in der Helenenstraße? Was ist mit ihrer Angst vor den Freiern, den Zuhältern etc.? Für die Bedrüfnisse der Freier ist gesorgt, vor dem Tor pissen, dahinter absamen. Und die Passanten dürfen sich bald über die Kunst freuen oder ärgern. Aber wie es den Frauen in der Helenenstraße geht, darüber machen sich die wenigsten Gedanken, ist ja alles so schön freiwillig und bald so schön bunt.
 
Der Senator für Kultur schreibt einen Wettbewerb aus:
 
Wettbewerb künstlerische Gestaltung im Übergangsbereich vom Steintor zur Helenenstraße (Stadtteil Mitte/Östliche Vorstadt, Ortsteil Steintor)
 
Allgemeines
Der Senator für Kultur führt seit 2018 im Rahmen des Programms von Kunst im öffentlichen Raum und im Zusammenhang mit den vom Bremer Senat im Herbst 2017 beschlossenen Handlungsmaßnahmen für eine saubere und sichere Stadt Kunstprojekte an verschiedenen Standorten im Stadtraum Bremen zur Vermeidung von Angsträumen und gegen Verwahrlosung durch.

… der Eingangsbereich der Helenenstraße wurde zum Steintor hin geöffnet, ein mit runden Löchern versehener rostfarbener Sichtschutz aus Metall aufgestellt und ein umbautes Urinal fest installiert. Die Einhausung des Urinals erfolgte zurückhaltend in Sichtbeton, ergänzt um ein analog zu dem freistehenden Sichtschutz gestaltetes
Sichtschutzelement aus Metall.
 
… Eine Einbeziehung der flächigen Elemente der Einbauten, insbesondere der Sichtbe-
tonflächen des Urinals und ggf. auch der Metallflächen ist ausdrücklich gewünscht. Alle künstlerischen Strategien von Urban Art sind willkommen. Künstler/innen-Kooperationen sind möglich.
 
Realisierungssumme
Für die Realisierung stehen 30.000.- € zur Verfügung.

aus: https://www.staedtischegalerie-bremen.de/fileadmin/user_upload/Wettbewerb_Gestaltung_Helenenstr.-Steintor.pdf