Via Campesina Tag in Bremen, 19.4.2022

Seit vielen Jahren beteiligen wir uns daran in Bremen kleinere oder größere
Aktionen zum weltweiten La Via Campesina Tag zu organisieren.

Bremen – 19.4. 16:00 – Sögestr.

zum weltweiten La Via Campesina Tag

#17.April2022

Aus dem Aufruf: https://viacampesina.org/en:

30 Jahre unseres kollektiven Kampfes für Gerechtigkeit, Frieden, Leben und Würde! Es Lebe La Via Campesina!

Der 17. April ist der internationale Tag der kleinbäuerlichen Kämpfe, der jährlich von La Via Campesina begangen wird, um an das Massaker [der brasilianischen Staatsgewalt] 1996 in Eldorado do Carajás zu erinnern. Es geht darum, die weltweit fortbestehende Kriminalisierung, Unterdrückung und Repression gegen Kleinbäuer*innen, Arbeiter*innen und indigene Gemeinschaften sichtbar zu machen.

Dieses Jahr markiert einen besonderen Meilenstein in der Geschichte von La Via Campesina. Wir treten in die vierte Dekade unserer kollektiven Kämpfe für Ernährungssouveränität, basis-orientierte Agrarreformen und Würde ein. Organisationen von Kleinbäuer*innen und Indigenen brachten die erste Saat der globalen Bewegung auf einem Treffen 1992 in Managua aus. Formal wurde La Via Campesina dann 1993 auf der ersten internationalen Konferenz in Mons, Belgien, gegründet.

Die Erde ist zur Zeit ein schwieriger Ort. Die Nahrungsmittelkrise vertieft sich weiter während Hunger und soziale Ungerechtigkeit sich täglich verschlimmern, voran-getrieben von der COVID-19 Pandemie, dem Klimawandel, Konflikten, Kriegen und Finanzspekulationen. Das beleuchtet das absolute Scheitern des transnationalen Kapitals und des Agrarbusiness-Systems. Dieses System wird ermöglicht durch Freihandel und industrialisierte Monokulturen, getränkt in toxischen Agrargiften.

La Via Campesina

La Via Campesina (‚der bäuerliche Weg‘) entstand 1993 aus Protesten gegen die WTO (Welthandels-organisation) und gegen die Liberalisierung des Weltmarktes.

Derzeit sind 182 Organisationen in 81 Ländern Teil des Via Campesina Netzwerkes. Vereinigt sind darin die Kämpfe von mehr als 200 Millionen Kleinbäuer*innen, Landarbeiter*innen, Landlosen, Indigen*as und Fischer-*innen. In der BRD gehört die ‚Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft‘ (https://www.abl-ev.de) dazu.

La Via Campesina kämpft auch für Klima- und Umweltgerechtigkeit, globale Solidarität, Agrarökologie, bäuerliche Rechte, Zugang zu Land, Wasser und Territorien.

La Via Campesina kämpft gegen transnationale Unternehmen, die Agrarindustrie, Kapitalismus, Freihandel und das Patriarchat.

Der Ukraine-Krieg, die globale Nahrungsmittelversorgung und der anti-ökologischen Roll-Back von EU und BRD

Die neoliberale Politik, insbesondere die Zwangsmaßnahmen von IWF und Weltbank, die Freihandelsvereinbarungen sowie Land- und Sea-Grabbing haben seit den 1980ern in allen Ländern Subsistenz-Strukturen und die Selbstversorgung mit Lebensmitteln zerstört. Das hat eine Abhängigkeit vom Getreide-Weltmarkt geschaffen. Insbesondere in Ländern Nord- und Ostafrikas wird dieser Krieg zu einer Verschärfung des Hungers führen. Sie bezogen bis dahin fast nur billigen Weizen und teilweise auch Mais fast ausschließlich aus den wichtigen Exportländern Ukraine und Russland.

Der Aggressor ist zweifellos Putin. Der Krieg bedeutet unvorstellbares Leid für die Menschen in der Ukraine. Putins Rede vor Kriegsbeginn sprach der Ukraine das Existenzrecht ab. Massenmorde an Zivilisten durch die russische Armee scheinen sicher belegt. U.a. mit den Osterweiterungen entgegen den Zusagen von 1990 hat aber auch die NATO massiv zur Eskalation beigetragen. Die Forderung nach einer Flugverbotszone nimmt eine militärische Konfrontation zwischen NATO und Russland und damit einen möglichen Atomkrieg in Kauf.

Es sind immer die Herrschenden, die Kriege auf dem Rücken der Menschen, insbesondere der armen Menschen austragen. Die ökologischen Auswirkungen sind enorm. Treibstofflager, Öl-, Gas- und Chemie-Anlagen wurden getroffen. Felder, Wälder und Äcker werden zerstört und vergiftet, auch durch Landminen und Kriegsgerät.

Eine emanzipatorische Antwort kann nur eine anti-militaristische und anti-rassistische sein. Krieg und Aufrüstung gehören klar zurückge-wiesen. Menschen in Kriegsgebieten sowie die, die z.B. vor Krieg, Armut oder ökologischen Zerstörungen fliehen brauchen Unterstütztung.

Die EU und BRD haben schon Corona und jetzt verstärkt den Ukraine-Krieg genutzt, Schritte Richtung Klima- und Artenschutz zu blockieren und Atomkraft und Erdgas mittels des Greenwashing-Programms EU-Taxonomie aufzuwerten. Die 100 Milliarden, die für die Bundeswehr ausgeben werden sollen, fehlen für die ökologische Transformation aller Sektoren und für den Klimaschutz.

Die Agrarindustrie-Lobby nutzt den drohenden Hunger nun als Argument, um ihre Methoden zu propagieren und auch die kleinsten Errungenschaften auf dem Weg zu einer Ökologisierung der Landwirtschaft zurückzudrehen. Dass wir mit der Nutzung der kleinen ökologischen Vorrangflächen die Welt ernähren können, ist ein Scheinargument. Es dient allein den Interessen der Agarindustrie nach mehr Absatz ihrer Produkte.

Wie die AbL fordern wir als Konsequenz aus dem Krieg, die internationalen Abhängigkeiten auf den Prüfstand zu stellen. Ernährungssouveränität, Bekämpfung des Hungers und Klimagerechtigkeit sollen zur Grundlage der Entscheidungen werden. Den Energieverbrauch und den Fleischkonsum gilt es deutlich zu senken und auf regionale, saisonale Produkte zu setzen. Spekulation mit Nahrungs- und Futtermitteln müssen unterbunden werden. Ergänzend halten wir den Ausstieg aus der Massentierhaltung für notwendig und sehen auch ein großes Problem im Einsatz von Getreide als Biokraftstoffe.

Diese Maßnahmen helfen gegen den Hunger und die Entwaldung weltweit und letztendlich auch gegen die Erderhitzung. Darüber braucht es eine breite Diskussion und Direkte Aktion.

Futtermittelimporte / gv-Soja / Regenwald / Massentierhaltung

2019 wurden 31 Mio. Tonnen Soja aus Nord- und Südamerika importiert. 2020 stieg der Import um 5%. Jeweils gut 40% kamen davon 2020 aus den USA und Brasilien. Etwa 75% der Weltproduktion ist gentechnisch verändertes Soja. In Brasilien war der gv-Anteil 2017 bereits 97%. Futtermittel-Soja wird in der Regel weder getrennt transportiert, gelagert noch verarbeitet. Die BRD importiert ca. 2/3 der benötigten Futtermittel. 75% davon ist Sojaschrot. Seit Jahren ist die VR China der größte Soja-Importeur.

Der Anbau von gv-Soja war bis 2003 in Brasilien offiziell verboten. Damals entschied die EU, dass tierische Produkte nicht gekennzeichnet werden müssen, wenn sie von Tieren stammen, die mit gv-Produkten gefüttert werden. Damit fiel das Anbau-Verbot für gv-Pflanzen in Brasilien. In den letzten 20 Jahren hat sich die Fläche, auf der in Brasilien Soja angebaut wird, verdoppelt.

Foto: Soja-Plantage, Rio Grande Del Sul, Brasilien, von Tiago Fioreze

Von 2000 bis 2010 wurden in Südamerika 24 Millionen Hektar Land, meist wertvolle Wald- und Savannenflächen, in Ackerflächen umgewandelt. Unter dem rechtsradikalen Präsident Bolsonaro wurde die Umnutzung massiv gesteigert. Es sind mittlerweile weniger die Großgrundbesitzer mit ihren wenigen Pistoleros, sondern zunehmend gut bewaffnete mafiöse Strukturen, die Indigene und Kleinbäuer*innen vertreiben und das Land zu ihrem Eigentum machen. Das Amazonasgebiet, die einstige Lunge des Weltklimas, stößt mittlerweile mehr CO2 aus, als es bindet.

Ohne den Abschied von der Massentierhaltung lässt sich die Erderhitzung und die Zerstörung der Artenvielfalt nicht aufhalten. Die extreme Überdüngung durch Gülle hat auch hier z.B. einen Großteil der Ostsee zu einem biologisch toten Ort gemacht. Vom 23. bis 27.9. organisiert das Bündnis Gemeinsam gegen die Tierindustrie Aktionstage im Oldenburger Land. https://gemeinsam-gegen-die-tierindustrie.org/

Erfolgreiche Kämpfe der indischen Bäuer*innen

Quelle: Pranav Jeenan P: Wie Farmerinnen die indische Regierung besiegten (CrimethInc)

Seit Herbst 2020 demonstrierten Bäuer*innen in den Dörfern und Städten Indiens mehr als ein Jahr lang überwiegend gewaltfrei gegen drei im September 2020 eingeführte Landwirt-schaftsgesetze. Höhepunkte waren am 26.1.21 die dezentralen Trecker-Demonstrationen, an denen 200.000 Trecker beteiligt waren. Am 8.1.21 hatten sich die Bäuer*innen an dem weltweit größten eintägigen Generalstreik mit über 250 Millionen Streikenden beteiligt. Ab März ‘21 blockierten 100tausende wichtige Zufahrtstraßen nach Dehli dauerhaft. Die Bäuer*innen besetzten die Stadtgrenzen auf den Autobahnen, organisierten Rail Roko (Stoppt die Züge), bei denen die Bäuer*innen Züge anhielten und Reisende auf die Bedeutung der Proteste hinwiesen. Alles wurde dezentral selbstorganisiert. Kein einzelner Anführer hatte das Kommando über die Proteste; auf Versammlungen, an denen alle Bauerngewerkschaften teilnahmen, wurden alle Entscheidungen gemeinsam getroffen. Der Kampf gegen die Landwirtschaftsgesetze wurde schnell zu einem Kampf gegen all die verschiedenen Formen der Unterdrückung, mit denen die Menschen in Indien heute konfrontiert sind.

Nach gut einem Jahr der Kämpfe nahm Präsident Modi alle drei Landwirtschaftsgesetze komplett zurück.

Ernährungssouveränität – Projekte in / um Bremen

Es gibt einige Projekte, eine solche Kritik praktisch werden zu lassen:

Projekte Solidarischer Landwirtschaft:

– Grünes Zebra; http://das-gruene-zebra.de/

– Gärtnerhof Oldendorf; https://www.gaertnerhof-oldendorf.de/

Sophienhof; https://www.sophienhof-oldendorf.de/solidarische-landwirtschaft/

Lebensmittelkooperativen:

Maiskolben; https://maiskolben-bremen.de/

– EVG; Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft; https://bremer-evg.de/

Slowfood bremen: https://www.slowfood.de/slow_food_vor_ort/bremen

Bremer Bündnis Via Campesina Tag 2022

angestoßen von Umsonstladen Bremen & Maiskolben Gen AG