Kunstwettbewerb: Angsträume

Der Senator für Kultur schreibt einen Kunstwettbewerb aus (Bereich vor der Helenenstraße) für eine saubere und sichere Stadt zur Vermeidung von Angsträumen und gegen Verwahrlosung. Erwartet werden auch „Gestaltungsvorschläge, die zusätzliche ungewünschte Graffiti erschweren bzw. sich mit gängigen Methoden unkompliziert reinigen lassen“. Kunst sticht „Kunst“. Nun denn:

Da Bremen eine Rüstungsstadt ist, wäre doch ein bisschen High-Tech angebracht. Da war doch dieses schöne EU-Überwachungsprojekt. „Indect“, auf Deutsch „Intelligentes Informationssystem zur Überwachung, Suche und Detektion für die Sicherheit der Bürger in urbaner Umgebung“, bündelt verschiedene Überwachungsmittel. Zum Einsatz kommen Drohnen, Kameras, Gesichtserkennung, Bildanalyse, Datenbanken, Internet.

Das Cleverchen erkennt „abnormales Verhalten“ und wenn Schmierereien abnormal sind, manche werden es noch aus der Schulzeit kennen – Narrenhände beschmieren Tisch und Wände – dann doch wohl unautorisierte Graffitis. Erst fragen, dann malen, bitte, danke, so muss das laufen. Wer sich außerhalb des wohlfeilen Benehmens bewegt, könnte dann von einer Drohne selbstständig verfolgt und nach Datenabgleich von der Polizei bereits Zuhause oder am Arbeitsplatz empfangen werden. Was für ein Service, da sage noch mal einer Dienstleistungswüste Deutschland. Was gilt denn aber als „abnormales Verhalten“? „Herumlungern“ oder „sich umschauen“, „nach dem Spiel im Stadion sitzen bleiben“ oder „zu lange neben einem Auto stehen“, plötzlicher Richtungswechsel, lautes Geschrei oder bei Rot über die Ampel gehen. Zu ergänzen wäre hier selbestverständlich noch das Nichtstehenbleiben vor wahrer Kunst, das können nur Kunstbanausen sein. Drohne los! Wie praktisch, dass sich Drohnen auch mit Waffen aufrüsten lassen. Also, wenn man das kann, dann sollte so was doch genutzt werden, wäre sonst schade drum, gell. Kollateralschäden? Schlimm, schlimm, lässt sich aber nicht ändern. C’est la vie.

Die Drohnen und Kameras finden sicherlich ein schönes Nest auf dem Pisshäuschen im Eingangsbereich. Aug in Aug überlegt sich jede sicherlich zweimal, einen Stift oder eine Spraydose zu zücken.

Muss nur noch die EU gefragt werden, was die mit diesem geilen Forschungsprojekt inzwischen gemacht hat. Oder einfach mal bei BMBF, Unis, Polizei, Bahn, Institute, Sicherheitsfirmen nachfragen, auch nach weiteren Projekten zur Mustererkennung: APFeL, ASEV, CAMINSENS, MuViT, MisPel. ADIS

Und everybody is save. „Domo arigato (vielen Dank), Mr. Roboto“!

Alle können besser schlafen, die Frauen, die in der Helenenstraße von Freiern und Co. benutzt werden, die Erwerbslosen, die vom Jobcenter drangsaliert werden, die Arbeitenden, die von Unternehmen ausgepresst werden, die Mieter, denen die Zwangsräumung droht, die Kinder, die in der Schule aussortiert werden …