Zum 100. Todestag von Peter Kropotkin – Grundgedanken des kommunistischen Anarchismus II – Alles für alle – und zwar umsonst

Der ökonomische Kern der Schlussfolgerungen Kropotkins1 lässt sich auf drei  zentrale Aussagen reduzieren: Die Kollektivierung der Produktionsmittel2, die Orientierung an den Bedürfnissen, nicht an der Leistung der Menschen3 sowie, daraus folgend, die Abschaffung des Geldes.4

Nun, es scheint uns, als gebe es auf diese Frage nur eine Antwort: Anerkennen und laut verkünden, dass jeder, was auch immer in der Vergangenheit sein Rang, seine Stärke oder Schwäche, seine Fähigkeiten oder Unfähigkeit, vor allem das Recht zu leben besitzt; und dass die Gesellschaft die Existenzmittel, über die sie verfügt, unter alle ohne Ausnahme verteilen muss. Dies anerkennen, es verkünden und danach handeln!

In einer Weise handeln, dass der Arbeiter vom ersten Tag der Revolution an weiß, dass sich vor ihm eine neue Ära auf tut: dass künftig niemand mehr gezwungen sein wird, unter den Brücken und neben den Palästen zu schlafen; nichts zu essen zu haben, obzwar es soviel Nahrungsmittel gibt; nächst Pelzgeschäften vor Kälte zu zittern. Dass in Wirklichkeit wie im Prinzip alles allen gehöre und dass endlich in der Geschichte eine Revolution stattfindet, die an die Bedürfnisse des Volks Anm. I denkt, ehe sie das Volk seine Pflichten lehrt.“5

Hat eine Gesellschaft den gesamten sozialen Reichtum in Besitz genommen und das Recht eines jeden auf diesen Reichtum feierlich proklamiert, ganz gleich, wie groß der Anteil des Einzelnen an der Produktion des Reichtums gewesen sein mag, dann muss sie zwangsläufig auf jegliche Art von Arbeitslohn, sei es in Geld oder in Arbeitsgutscheinen, verzichten.“6 Erst wenn neben dem Brot auch die Künste und die Wissenschaft allen gemeinsam gehören, wird die menschliche Herdezum Menschengeschlecht‘, sagte Louise Michel.7 In dieser substantiellen Gleichheit sehen die Anarcho-Kommunist*innen die primäre Bedingung der Freiheit.”8

Anm. I: Der Begriff Volk kann nach den Schrecken der Naziherrschaft nicht mehr unreflektiert verwendet werden. Auch dort, wo er, z.B. von nationalen Befreiungsbewegungen, mit emanzipatorischen Ansprüchen verwendet wird, verschleiert er die internen Widersprüche.                                             

Texte Kropotkins sind über 100 Jahre alt und damit nicht gegendert.

1Foto Kropotkins, ca. 1900

2 vergl. S. 26 in: Peter KROPOTKIN: Eroberung des Brotes (Orig. 1892; o.J.)

3 vergl. S. 193 in ebenda

4 vergl. S. 38 ebenda

5 S. 38 ebenda

6 S. 190 in ebenda

7 vergl. S. 168 in: Louise MICHEL: Memoiren (Orig. 1886; 1979)

8 S. 283 in: Emile GAUTIER: Manifest der Anarchisten (Orig. ca. 1882; 1979)