Zum 100. Todestag von Peter Kropotkin – Grundgedanken des kommunistischen Anarchismus I – Sozialrevolutionäre Umwälzung statt Reform

In den letzten Jahren musste die Klimabewegung erfahren, dass Hoffnungen auf  eine konsequente Klimapolitik des Staates enttäuscht werden. Für uns war das keine Überraschung. Bereits Kropotkin schrieb: „Tatsächlich haben sich in unseren Gesellschaften Verhältnisse etabliert, die man praktisch unmöglich ändern kann, wenn man sie nur teilweise attackiert. Die diversen Räderwerke unserer ökonomischen Organisation sind so eng ineinander verzahnt, dass man nicht eins modifizieren kann, ohne sie in ihrer Gesamtheit zu modifizieren; man wird das feststellen, sobald man irgendetwas enteignen will.“1,2 Die ökonomische Rationalität war damals sehr brutal und destruktiv [also zerstörerisch]. Sie hat heute radikalisiert und bewirkt aus der Logik des Systems heraus die Selbstzerstörung der Grundlagen des Lebens auf der Erde.

Heute haben viele andere Herrschaftsverhältnisse, die Kropotkin teils schon andachte im Blick. Leider fällt dabei häufig die Bedeutung der durch Eigentum und Geld aufgerichteten Herrschaftsverhältnisse hinten runter. Dabei schreiben sich Geld und Eigentum den anderen Herrschaftsverhältnissen ein und verstärken sich mit ihnen intersektional. Die Soziale Revolution galt Kroptkin und gilt uns heute als notwendig, um Herrschaft zu überwinden. Um die Produktionsmittel zu kollektivieren ist zunächst „die Expropriation [also Enteignung], die soziale Enteignung der Enteigner3 durchzuführen. Louisa Sarah Bevington gehörte zu den kommunistischen Anarchist*innen, die Kritik des Eigentum sehr scharf formulierten Damit meinte sie ausdrücklich privates, kollektives und staatliches Eigentum. Es macht alle weniger glücklich, weniger frei, weniger Mensch, als eine Gesellschaft, die auf dem Prinzip der freien Verteilung und der Nutzung basiert. Eine solche Gesellschaft aber führt zu Wohlbefinden, Solidarität, Frieden und eine Welt voller Freund*innen.4 Enteignung verwirft für sie Eigentum vollständig und deshalb sagt sie „Ich befürworte Enteignung und freue mich darauf, sie in großem Stil durchzuführen“.5 Das war für Kropotkin und ist für uns definitiv kein Grund, andere Herrschaftsverhältnisse auf ein später zu verschieben.

Ein italienischer Anarcho-Kommunist ergänzte: „Jede Spur von Eigentum zieht notwendigerweise einen Rest von Regierung nach sich, und umgekehrt wird der kleinste Überrest einer Regierung Ausbeutung, Usurpation [also in Besitz nehmen von Eigentum und Macht] hervorrufen, die darauf hinauslaufen, das Privateigentum widerherzustellen.“6

1S. 63 in: Peter KROPOTKIN: Eroberung des Brotes (Orig. 1892; Raubdruck o.J.)

2Cover des Raubdrucks

3 S. 177 in: Peter KROPOTKIN: Soziale Enteignung der Enteigner, in ders.: Worte eines Rebellen (Orig. 1885; 1978)

4 vergl. S. 140 – 141 in ebenda

5 S. 138 in ebenda

6 S. 267 in: Saviero MERLINO: Die Zukunft gehört dem Experiment (Orig. 1892; 1972)