Naida Pintul: „Es wird definitiv schwieriger für Hochschulgruppen, mich einzuladen“
Naida Pintul hält seit Jahren Vorträge über Feminismus. An Hochschulen wir das immer schwieriger.
Ruhrbarone: Du hältst seit mehreren Jahren Vorträge über den Feminismus. Worum geht es da genau?
Naida Pintul: Es ist ganz verschieden, ich habe im Laufe der letzten Jahre so 8-10 Vorträge geschrieben, die meistangefragten sind die Vorträge zu feministischer Prostitutionskritik und zur Kritik an der queerfeministischen Affinität zum Islam. In beiden Vorträgen kritisiere ich vor allem den Feminismus der dritten Welle, dem gerade jüngere Frauen zugeneigt sind.
Ruhrbarone: Worum geht es bei dem Feminismus der dritten Welle?
Naida Pintul: Das ist ein Feminismus, der ganz zentral um Empowerment kreist und auch um sehr voluntaristische Vorstellungen von Geschlecht, sprich, alles, mit dem sich Frauen gut fühlen und für das sie sich selbst(bestimmt) entscheiden ist schon „Feminismus in Aktion“, oft ohne eine Analyse der Hintergründe, wieso bestimmte Entscheidungen eher von Frauen getroffen werden. Beim Thema Geschlechtsidentität die Attitüde, dass diese Identität nicht hinterfragbar sei, keine biologisch-materielle Grundlage haben muss oder sich sogar beständig ändern kann und man das so akzeptieren müsse.
Ruhrbarone: Nun hast Du vor wenigen Tagen angekündigt, in diesem Jahr keine Vorträge mehr an Hochschulen zu halten. Warum?
Naida Pintul: Ich würde nicht sagen, dass ich generell keine mehr an Hochschulen halten würde, ich denke eher, dass es sehr schwierig wird, mich einzuladen seitens einzelner Hochschulgruppen. Seit 4-5 Monaten werden die verrücktesten Versuche unternommen, meine Vorträge zu verhindern, abgesagt zu kriegen oder teilweise die Organisatoren meiner Vorträge selbst abzuschrecken, zum Beispiel durch Drohmails oder indem man allen Referenten einer Vortragsreihe Gelder verweigert, weil ich in dieser Reihe referiere. Eine Uni hat kurz nach meinem Vortrag dort eine Resolution „Gegen jede Queerfeindlichkeit“ verabschiedet, in der Leute schon am Referieren gehindert werden sollen, wenn „absehbar ist, dass sie queerfeindliche Positionen vertreten werden“.
Ruhrbarone: Was wird Dir vorgeworfen?
Naida Pintul: Das ist ein bestimmtes Set an Vorwürfen: Am meisten wiegt aktuell sicherlich, dass mir Transphobie vorgeworfen wird. Ich würde Räume für Transmenschen oder auch Menschen mit nonbinärer Geschlechtsidentität unsicher machen, ihnen ihre Selbstbestimmung absprechen, teilweise ist die Rede davon, dass ich gewaltvoll sei ihnen gegenüber, indem ich ihre Geschlechtsidentität hinterfrage, egal wie plausibel nun Identitäten wie „Agender“ oder „nonbinary“ sind. Außerdem würde ich Prostituierte mit meiner Kritik am System Prostitution entmündigen und eben auch dazu beitragen, dass ihre Tätigkeit für sie unsicher wird, indem ich das Stigma für sie erhöhe. Ebenso sei ich eine Gefahr für muslimische Frauen, indem ich ihnen selbstbestimmtes Hijabtragen und die Ausübung ihrer Religion abspreche und Pauschalurteile zum Islam abgebe.
Ruhrbarone: Warum stellen sich Deine Kritiker nicht einer Diskussion, sondern wollen Deine Vorträge verhindern?
Naida Pintul: Die Erklärungen dafür sind wirklich amüsant: Sie reichen von „Betroffene sollen sich mit einer so transphoben, hasserfüllten Person nicht auseinandersetzen müssen“ über „Leute mit solchen schlimmen Ansichten sind unbelehrbar“ bis hin zu „Mit Faschisten/Rassisten redet man nicht“. Sehr selten erlebe ich, dass jemand wirklich kritisch nachfragt und in einer Gegenargumentation beschlagen ist.
Ruhrbarone: Sind diese Versuche, Debatten zu verhindern noch Ausnahmen oder ist das ein Trend an den Hochschulen?
Naida Pintul: in der Heftigkeit und Konstanz gibt es aktuell vermutlich nicht viele andere Referenten, denen das in Deutschland genauso passiert, aber an Universitäten in UK, Kanada und den USA sind diese Maßnahmen nicht ungewöhnlich und fallen auch noch heftiger aus. Die kanadische Feministin Meghan Murphy erhält vor vielen Veranstaltungen Drohungen und entsprechend referiert sie unter Polizeischutz, das gilt für viele andere Feministinnen in diesen Ländern, die inhaltlich ähnlich wie ich argumentieren, in etwas abgeschwächter Weise genauso. Wenn Resolutionen wie „Gegen jede Queerfeindlichkeit“ an mehr Hochschulen Verbreitung finden, wird man sich der Kritiker in Zukunft aber sehr schnell auch ohne weitere Maßnahmen entledigen können.
Ruhrbarone: Wo wirst Du in Zukunft Deine Vorträge halten?
Naida Pintul: Es wird weiterhin Vorträge geben, die oft von politischen Gruppen oder auch der Linksjugend beziehungsweise deren Ablegern organisiert sind. Aber es wird definitiv schwieriger werden für Hochschulgruppen, mich einzuladen, wenn nicht gar unmöglich, und ich werde nicht die einzige Person bleiben, die das betrifft.
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aus: https://www.ruhrbarone.de/naida-pintul-es-wird-definitiv-schwieriger-fuer-hochschulgruppen-mich-einzuladen/179011