„Das Atomgrab der USA bricht auf – Ozean in Gefahr“

Tobias Tscherrig / 12. Dez 2019 – In einem Bunker auf den Marshall-Inseln lagern die USA Atommüll, der bald den Ozean verseuchen könnte. Niemand will zuständig sein.


Das Lager des hochtoxischen Atommülls ist alles andere als sicher. Es war eigentlich als Provisorium vorgesehen: Zehntausende Kubikmeter Schutt, die mit radioaktivem Plutonium verstrahlt sind, lagern hier. Abgedeckt wurde das Ganze in den 70er-Jahren mit einem 50 Zentimeter dicken Betondeckel. Bereits vor zwei Jahren zeigten Journalisten des australischen TV-Senders ABC, dass sich in der Kuppel Risse gebildet hatten. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres wies bei einem Besuch auf den Fiji-Inseln auf die Gefahr hin und erklärte, die Kuppel sei vermutlich bereits Leck geschlagen, die Radioaktivität drohe in den Pazifik zu gelangen. Laut einer Studie aus dem Jahr 2012 ist tatsächlich bereits radioaktives Material ausgetreten. 2013 erörterte ein Bericht des US-amerikanischen Energieministeriums die Problematik.

Zusätzlich besteht Gefahr durch Tropenstürme und die Gefahr einer Überschwemmung, die im Zuge des Klimawandels und des damit einhergehenden steigenden Meeresspiegels drastisch gestiegen ist. Die «Los Angeles Times» kommt in einem Bericht zum Schluss, dass der steigende Meeresspiegel die Betonkuppel inzwischen aufbrechen lasse. Geschieht dies, gelangen nukleare Abfälle in den Pazifik. Ein unvorstellbares Szenario, das den gesamten Pazifik bedroht.

Der Nuklearmüll gehört den USA, er ist das Überbleibsel von amerikanischen Atombombentests, die nach dem Zweiten Weltkrieg über 1200 Inseln im Pazifik verseuchten: Zwischen 1946 und 1958 warfen die USA insgesamt 67 Atombomben in der Pazifikregion ab. Laut Angaben des US-Verteidigungsministerium entspricht ihre summierte Zerstörungskraft rund 7000 Hiroshima-Bomben.

So zum Beispiel am 1. März 1954, als die Amerikaner einen thermonuklearen Sprengkopf über dem Bikini-Atoll abwarfen. Die Wasserstoffbombe setzte eine Energie von 15 Megatonnen frei, damit ist sie die grösste Atomwaffe, die die USA jemals eingesetzt haben.

Die Explosion hinterliess nicht nur einen 80 Meter tiefen Krater, sondern auch Generationen von Menschen, die bis heute mit den Folgen zu kämpfen haben: Krebserkrankungen, Fehlgeburten, Tumore und Missbildungen. Auf den Inseln sind Geburtsfehler so häufig, dass die Einheimischen eigene Wörter haben, um sie zu beschreiben. «Teufel», etwa. «Quallenkinder», «Traubenbabys». Bis heute gibt es keine genauen Zahlen über die Opfer der Strahlung. Die Vereinigten Staaten halten eigene Studien unter Verschluss. Unabhängige Institutionen sprechen in Schätzungen von mehreren tausend Krebsfällen allein auf den Marschall-Inseln.

Viele Bewohnerinnen und Bewohner der Marshall-Inseln verloren ihre Heimat, sie wurden vor den Tests rücksichtslos umgesiedelt. Inzwischen sind zwar einige der Inseln wieder bewohnbar, viele der Zurückgekehrten sind aber auf amerikanische Importe angewiesen. Sie mussten ihre Nahrung umstellen, Kokosnüsse und Fische sind noch immer zu verseucht und dürfen nicht gegessen werden.

aus: https://www.infosperber.ch/Artikel/Umwelt/Das-Atomgrab-der-USA-bricht-auf–Ozean-in-Gefahr