Ob die Polizei in dieser herrlichen Demokratie statt Demonstranten mal Soldaten attackiert? – dann wären wenigsten bewaffnete Gewalttäter unter sich

Bundeswehr plant trotz Corona große Übungen


Wer in diesen Zeiten davon spricht, eine Veranstaltung mit 1.600 Personen durchzuführen, den halten einige Menschen vielleicht für verrückt. Doch in der Altmark in Sachsen-Anhalt soll genau das passieren. Die Bundeswehr plant für kommenden Montag eine Übung mit rund 1.600 Soldatinnen und Soldaten. Das berichtet die Mitteldeutsche Zeitung. Demnach sollen rund 820 Angehörige eines Panzerbatallions aus Bayern am Montag in der Altmark eintreffen. Hinzu kommen etwa 800 Soldaten, die in Sachsen-Anhalt leben – dann soll gemeinsam trainiert werden.

Auch die Bundeswehr in Sachsen erhöht ab Montag ihre Einsatzvorbereitungen. Auf dem Truppenübungsplatz in der Oberlausitz würden ab Montag Schieß- und Übungsvorhaben stattfinden, sagt der Pressesprecher der Bundeswehr Sachsen, Oberstleutnant Eric Gusenburger, MDR AKTUELL. „Hier werden Verbände der Bundeswehr, das ist ein Umfang von etwa 250 Soldaten, auf dem Übungsplatz Übungstätigkeiten beginnen.“ Das sei ein normales Prozedere, das Leben gehe ja schließlich weiter und es sei notwendig, dass die Bundeswehr beispielsweise die Ausbildung von Soldatinnen und Soldaten fortführe.

Mehr als 400 Soldatinnen und Soldaten seien bis zum Sommer auch nicht vor Ort, sodass man sicher sein könne, dass Mindestabstände eingehalten würden, sagt Gusenberger. Die Übungen dienen vor allem der Vorbereitung auf Auslandseinsätze in Mali und Afghanistan. …

aus: https://www.mdr.de/nachrichten/panorama/corona-bundeswehr-normalbetrieb-100.html

Versammlungsverbot: Erfahrungsgemäß halten Polizisten nicht den verordneten Abstand ein, betatschen sogar die Leute, ab mit dem Staatsknüppel ins Homeoffice, ach ne, dann steigt nur die häusliche Gewalt

Karlsruhe lehnt Demoverbot ab

Erstmalig in Coronazeiten hat das Bundesverfassungsgericht ein Versammlungsverbot beanstandet. Die Richter fordern die Prüfung von Einzelfällen.

Das Bundesverfassungsgericht hat erstmals in Coronazeiten ein Versammlungsverbot beanstandet. Künftig gilt: Generelle Demonstrationsverbote ohne Prüfung des Einzelfalls sind unzulässig. Die Stadt Gießen hat die fragliche Demo inzwischen erlaubt.

Konkret ging es um mehrere Kundgebungen in Gießen, zu denen die Projektwerkstatt Saasen aufgerufen hatte. Unter dem Motto „Gesundheit stärken statt Grundrechte schwächen – Schutz vor Viren, nicht vor Menschen“ forderte die Projektwerkstatt zum Beispiel die Sperrung der Straßen vom Autoverkehr, damit Radfahrer und Fußgänger genug Abstand einhalten können. Auch die Teilnehmer der Demo sollten jeweils 10 Meter Abstand nach vorn und hinten beachten sowie 6 Meter zur Seite.

Die Stadt Gießen verbot die Demonstrationen dennoch unter Verweis auf die hessische Coronaverordnung. Öffentliche Verhaltensweisen, die geeignet seien, das Abstandsgebot von 1,5 Metern zu gefährden, seien generell untersagt. Erfahrungsgemäß würden bei Versammlungen Mindestabstände nicht eingehalten. Eilanträge gegen das Verbot hatten bei den hessischen Verwaltungsgerichten keinen Erfolg.

Dann hatte jedoch das Bundesverfassungsgericht eine einstweilige Anordnung zugunsten der Projektwerkstatt erlassen. Die Verfassungsrichter monierten, dass die Stadt von einem generellen Versammlungsverbot ausging, obwohl in der hessischen Coronaverordnung gar keine derartige Klausel enthalten war. Aber auch unabhängig vom Inhalt der jeweiligen Landesverordnung müsse über Versammlungsverbote immer „unter hinreichender Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls entschieden“ werden (Az.: 1 BvR 828/20).

Demonstranten sollen Mundschutz tragen

Die Stadt Gießen, die über das Verbot erneut entscheiden musste, hat die Kundgebung inzwischen gestattet. Die Versammlung sei jetzt unter Auflagen zugelassen, sagte Bürgermeister Peter Neidel (CDU). Demnach hat die Stadt die Kundgebung auf eine Stunde und die Teilnehmerzahl auf maximal 15 begrenzt. Alle müssten Mundschutz tragen und mindestens 1,5 Meter Abstand zueinander halten.

aus: https://taz.de/Protestieren-in-Coronazeiten/!5679215/

dazu: http://projektwerkstatt.de/index.php?domain_id=1&a=termine&date_id=465

Trauma

Wir müssen die kritischen Stimmen jetzt hören

Psychologin im Interview

Michaela Huber: Ein Psychotrauma entsteht durch extremen Stress, der als existenziell bedrohlich erlebt wird und das Gehirn, ja die gesamte Persönlichkeit, zutiefst erschüttert und verändert. So entsteht eine seelische Wunde, denn nichts anderes bedeutet der Begriff „Trauma“: Wunde. Jeder Mensch kann ein gewisses Maß an Stress aushalten, ohne ein Trauma zu erleiden. Wenn dieses Ausmaß zu viel für uns wird, fängt unser Gehirn und Nervensystem an, überzureagieren. Dann geraten wir in emotionale Zustände, wo wir merken, jetzt kann ich nicht mehr vernünftig reagieren, sondern ich erstarre für längere Zeit oder ich fühle mich total unfähig zu reagieren und gelähmt, oder es übernimmt ein extrem starkes Gefühl wie Panik, Wut oder Verzweiflung, das ich zunächst überhaupt nicht in den Griff bekomme. Der Kern der traumatischen Erfahrung ist eine bodenlose Einsamkeit, etwas Unerträgliches aushalten zu müssen, obwohl man es nicht aushalten kann. Man kann dabei von vielen Menschen umgeben sein, aber man selbst kollabiert innerlich. Diese Einsamkeitserfahrung nimmt den Menschen das Selbstwertgefühl und die Selbstwirksamkeit: Sie bekommen das Gefühl, ich kann überhaupt nichts daran ändern, dass mir etwas Unerträgliches geschieht. Viele Menschen überwinden diese Situation nach einer Weile gut, andere aber – und besonders diejenigen, die schon viele Vorbelastungen haben, entwickeln längerfristige Probleme.

Ein transgenerationales Trauma betrifft immer mehrere Generationen. Kinder und Eltern können zum Beispiel die Symptome der Eltern oder Großeltern ausleben – die Verzweiflung, Einsamkeitsgefühle, Wutanfälle und Ängste, die ihre Eltern unterdrückt haben, weil sie unbedingt „funktionieren“ wollten. Es ist zu erwarten, dass unsere Kinder und Enkel noch einmal austragen müssen, was jetzt in den Erwachsenen stattfindet, die noch um ihre Existenz und ihre Funktionstüchtigkeit kämpfen. Umgekehrt treten jetzt Belastungserscheinungen von früheren Generationen in uns auf, wenn es zum Beispiel um Kriegserfahrungen unserer Großeltern geht. Eine Belastungserfahrung kann unter Umständen in der nächsten und übernächsten Generation noch einmal psychosomatische Erkrankungen, Depressionen und posttraumatische Belastungsstörungen auslösen.

Michaela Huber: Solidarität in einer Gesellschaft zu zeigen, dagegen hat ja niemand etwas, im Gegenteil. Aber es gibt auch eine andere Richtung, die jetzt aufscheint. Die Rechten sagen es direkt: Jetzt müsse man sich „in einen Volkskörper eingliedern“, alle individuellen Bedürfnisse zurückstellen. Und die gesamte Politik scheint dies zu propagieren: Wir alle, ja der gesamte Staat ist aufs Äußerste bedroht, und es darf einem nichts ausmachen, jetzt alles zu opfern an Freiheiten, ja die gesamte Existenz – weil man sich in den Dienst einer „höheren Sache“ stellen soll: den Krieg gegen den Feind zu gewinnen. Der Feind ist jetzt das Virus. Und da muss man doch gehorchen. Nur die eine, als einzig richtig ausgegebene Strategie wird dann auch durch die meisten Medien propagiert, Kritik kaum noch zugelassen, Zuwiderhandlung scharf geahndet. Das weckt in vielen Menschen Erinnerungen an totalitäre Zustände. Sie erleben, dass sie ideologisch und auch alltagspraktisch eingenordet werden auf diesen Krieg gegen diesen einen Feind, und man darf nur tun, was einem gesagt wird und etwas anderes auf gar keinen Fall, man bunkert sich mit Vorräten daheim also ein und erwartet den Einschlag in der Nähe oder gar, dass der Feind im eigenen Haus zuschlägt.

ZackZack: Diese Haltung zieht weite Kreise.

Michaela Huber: Diese ganze Kriegs-Metaphorik führt dazu, dass viele Menschen, insbesondere der älteren Generation, zutiefst eingeschüchtert und in Angst sind. Man merkt, wie schwarze Pädagogik sich wieder ausbreitet, also dass Menschen zum Beispiel andere denunzieren, die sich vermeintlich nicht hundertprozentig an die Regeln halten. Da wird plötzlich eine Anzeige erstattet, weil drei Menschen gemeinsam draußen auf der Straße sind. Da kommt die Polizei, da wird man überprüft, vielleicht verhaftet, weil man es gewagt hat, auf einer Bank zu sitzen und ein Buch zu lesen. All das erinnert ältere Menschen, aber auch Geflüchtete, die zu uns kommen, an das Verhalten in totalitären Staaten. Schon stabile Menschen haben damit zu tun, unter diesen Umständen ihre Gesundheit aufrecht und ihre Existenzangst in Schach zu halten – umso mehr jene, die es kennen, eingesperrt zu sein, in Gefangenschaft oder in totalitären Lebensumständen gewesen zu sein, Mindcontrol erlebt zu haben – diese Menschen sind enorm eingeschüchtert.

ZackZack: Wie reagieren die Menschen dann Ihrer Beobachtung nach darauf?

Michaela Huber: Es ist erstaunlich, wie brav die Leute sind, und wie sehr sie sich auch tatsächlich einschüchtern lassen. Wir sind in unseren westlichen Nachkriegs-Gesellschaften ja eher gehalten, einen lebendigen, demokratischen Diskurs über beste Strategien – was ist gut, was ist nicht gut – zu führen. Und wir erleben jetzt, dass viele Menschen in eine Unterwerfungsposition, ja in vorauseilenden Gehorsam gegangen sind – sie wünschen sich noch mehr, noch schärfere Maßnahmen in diesem „Krieg gegen das Virus“. Egal, wie schlecht es ihnen selbst darunter geht, sie halten die Situation aus, und sie unterwerfen sich. Das kann man mit Menschen vielleicht ein paar Wochen lang machen, kaum monatelang, aber auf gar keinen Fall jahrelang, ohne dass es zu schwersten gesellschaftlichen Verwerfungen kommt. Nicht nur, weil die Menschen ökonomisch in die Krise kommen, sondern auch, weil sie psychologisch unter so enormen Druck kommen, dass Zustände in der Gesellschaft, die ohnehin da sind – Spaltung, Ausgrenzung, Unterdrückung, bis hin zu antidemokratischen Zuständen – zu befürchten sind, wenn solche Zustände lange andauern.

Michaela Huber: Autoritäre Regime saugen im Moment Honig aus dieser Situation. Selbst der chaotische Herr Trump, der sich eigentlich für jeden Menschen erkennbar unerträglich irrlichternd in der Krise verhalten hat und das immer noch tut – Orban und viele andere, wir haben ja auch so einen bayrischen Möchtegern-Kanzler – sie alle sind im Moment populär. Denn der starke Mann, der „Führer“, hinter dem man sich jetzt versammeln muss, ist eine Vorstellung, die tatsächlich in der Bevölkerung so fest verankert ist, dass sie automatisch wieder „fröhliche Urständ“ feiert. Selbst in der jungen Generation tauchen plötzlich Vorlieben für Autorität und eifriges Gehorchen auf. Das erfahre ich immer wieder von Menschen, die sich eingeschüchtert fühlen, aber innerlich aufbegehren und sich fragen: Was ist das hier? Was geschieht hier mit unserer multipluralen, kreativen Gesellschaft? Krieg macht Menschen zu Untertanen. Man sieht, dass, wo diese Kriegsmetapher bewusst geschürt wird, die Seuchen- und gar die Notstandsgesetze den Regierungschefs noch mehr Macht verschaffen. Ich halte das politisch für eine sehr gefährliche Situation, in der Demokraten in einer Zivilgesellschaft sehr aufpassen müssen. Das gleiche gilt für die Tracking-Apps. Noch sind sie anonymisiert. Aber es ist ganz klar, die Strategie dieser Apps ist, Kranke persönlich zu identifizieren und jene, mit denen sie Kontakt hatten – um diese Menschen dann ebenso persönlich unter Quarantäne zu stellen. Das heißt, die Apps müssen personalisiert werden über kurz oder lang. Das sollte jeder wissen, der heute überlegt, sich eine Tracking-App anzuschaffen. Hier schlagen Datenschützer wieder einmal Alarm, und das zu Recht. Wir haben noch in vielen Bereichen bei uns eine demokratische Gesellschaft, die so etwas vielleicht verkraftet, zumindest vorübergehend. Aber was ist, wenn die Regierung nicht mehr eine demokratische ist? Da gilt es doch, aufzupassen.

ZackZack: Wie hätten Sie sich die Maßnahmen anders gewünscht?

Michaela Huber: Wir hätten zum Beispiel sehr alte Menschen und solche mit geschwächtem Immunsystem sofort massiv schützen müssen, als klar war, dass das Virus diese Gruppen besonders gefährdet. Anstatt sie gut zu versorgen und sie besonders zu schützen, hat man erst wochenlang zugesehen, wie sich von China aus das Virus ausbreitet. Dann hat man zu radikalen Shutdown-Maßnahmen für die ganze Gesellschaft gegriffen und die besonders Gefährdeten ohne besonderen Schutz gelassen oder gar nicht beachtet. Jetzt, in der Exit-Strategie, kommt erst die Idee auf: Aha, wir könnten die Gesellschaft wieder aufmachen, wenn wir diese Gruppe besonders schützen. Das hätte man von Anfang an machen sollen, und man hätte auf gar keinen Fall die ganzen Hilfsstrukturen wie Kliniken – außer Intensivstationen -, Betreuungseinrichtung, Beratungsstellen, Praxen etc. sofort runterfahren dürfen. Viele psychosomatische und andere Kliniken bekommen viel Geld dafür, dass sie praktisch leer sind, um Betten für möglicher Weise notwendig werdende Beatmungsplätze frei zu machen. Wer in der Gesellschaft verletzlich war, ist es jetzt erst Recht.

aus: https://zackzack.at/2020/04/11/wir-muessen-die-kritischen-stimmen-jetzt-hoeren-psychologin-im-interview/

Selbstbestimmung statt technische Machbarkeit

Palliativmediziner zu COVID-19-Behandlungen
„Sehr falsche Prioritäten gesetzt und alle ethischen Prinzipien verletzt“

Matthias Thöns: Na ja, die Politik hat jetzt eine sehr einseitige Ausrichtung auf die Intensivbehandlung, auf das Kaufen neuer Beatmungsgeräte, auf Ausloben von Intensivbetten. Und wir müssen ja bedenken, dass es sich bei den schwer erkrankten COVID-19-Betroffenen, so nennt man ja die Erkrankung, meistens um hochaltrige, vielfach erkrankte Menschen handelt, 40 Prozent von denen kommen schwerstpflegebedürftig aus Pflegeheimen, und in Italien sind von 2.003 Todesfällen nur drei Patienten ohne schwere Vorerkrankungen gewesen. Also es ist eine Gruppe, die üblicherweise und bislang immer mehr Palliativmedizin bekommen hat als Intensivmedizin, und jetzt wird so eine neue Erkrankung diagnostiziert und da macht man aus diesen ganzen Patienten Intensivpatienten.

„Es werden alle ethischen Prinzipien verletzt, die wir so kennen“

Sawicki: Werden da also falsche Prioritäten gesetzt?

Thöns: Ich sehe, das sind sehr falsche Prioritäten und es werden ja auch alle ethischen Prinzipien verletzt, die wir so kennen. Also wir sollen als Ärzte ja mehr nutzen als schaden. Da fragt man sich natürlich bei einer Erkrankung, wenn die schlimm verläuft, also zum Atemversagen führt, dann können wir tatsächlich nach einer chinesischen Studie nur drei Prozent der Betroffenen retten, 97 Prozent versterben trotz Maximaltherapie – so eine Intensivtherapie ist leidvoll, da stimmt ja schon das Verhältnis zwischen Nutzen und Schaden kaum.

Sawicki: Was meinen Sie damit?

Thöns: Na ja, der Nutzen ist so, dass man nur ganz minimal wenige Patienten rettet, von denen kommen nur wenige dann auch zurück in ihr altes Leben, eine große Zahl von denen, die man rettet, nach zwei bis drei Wochen Beatmung, verbleiben schwerstbehindert. Und das sind Zustände, die lehnen die meisten älteren Menschen für sich ab. Also Eingriffe, die mit dem hohen Risiko einer bleibenden Schwerbehinderung einhergehen, die lehnen ältere Menschen eigentlich ab. Deshalb erreicht man eigentlich Therapieziele für diese Patienten nicht, das heißt, die Indikation ist schon fraglich.

Jetzt wissen wir aber, dass ganz viele Menschen, wie gesagt, so eine Behandlung ablehnen, ältere Menschen, also die ist auch gegen den Willen. Und das Prinzip Gerechtigkeit ist ja auch ein wichtiges, ethisches Prinzip, da gibt es einmal diese Problematik, dass wir natürlich eine begrenzte Zahl an Intensivbetten haben und wir irgendwann die Entscheidung treffen müssen, wird da jetzt ein hochaltriger Patient kaum mit Rettungschancen weiterbeatmet oder eben der junge Familienvater nach einem Verkehrsunfall oder einem Herzinfarkt. Das ist eine schwierige ethische Entscheidung. Aber es wird ja auch anders kommen, denn durch intensivmedizinische Maßnahmen, also Intubation, Beatmung, gefährden wir Medizinpersonal in hohem Maße. 100 italienische Ärzte sind gestorben. Und wenn man das mal so hochrechnet, dann rechnet man ja praktisch die Rettung eines Menschen, der kaum zu retten ist und der das meistens nicht will, gegen die tatsächliche und wirklich bestehende Gefährdung von medizinischem Personal, die ja zu Hauf leider sterben bei diesen intensivmedizinischen Prozeduren.

Sawicki: Ja, wenn ich da noch einhaken darf, woher wissen Sie denn, dass die Menschen oder dass eine bestimmte Zahl von Menschen diese Intensivbehandlung ablehnt? Was für Erhebungen haben Sie da?

Thöns: Also da gibt es einmal eine Untersuchung, dass 91 Prozent der Befragten Maßnahmen ablehnen würden, die mit dem hohen Risiko einer Behinderung einhergehen. Und tatsächlich ist es ja so, dass die Uniklinik Aachen jetzt erste Daten herausgegeben hat, und die Haupttodesursache war da tatsächlich in dieser Untersuchung, kleinen Untersuchung, dass die Patienten die Beatmung selber abgelehnt haben, wohl wissend, dass sie dadurch sterben können.

Sawicki: Das heißt, was sollte man stattdessen tun jetzt in den kommenden Wochen?

Thöns: Ja, man sollte die Patienten tatsächlich ehrlich aufklären, dass Intensivmedizin nur mit minimalen Rettungschancen bei hoher Leidenslast durch die Intensivmedizin einhergeht, und fragen, möchten Sie das so, möchten Sie isoliert von Ihrer Familie, getrennt, die nicht mehr sehen, am Lebensende beatmet auf einer Intensivstation liegen, oder möchten Sie vielleicht doch lieber mit dem Risiko, dass Sie das nicht überleben, zu Hause bleiben, gut leidensgelindert? Und ich sage Ihnen, die meisten alten Menschen werden diesen zweiten Weg gehen, wenn man denen das ehrlich sagt.

aus: https://www.deutschlandfunk.de/palliativmediziner-zu-covid-19-behandlungen-sehr-falsche.694.de.html?dram:article_id=474488

Die Gefahr namens Polizei

Weil sie ein T-Shirt mit einer politischen Forderung nicht ausziehen wollte, geriet eine demo-Teilnehmerin mit der Poilzei aneinander. Die Beamten nahmen sie in Gewahrsam. Aufn.: R.Groß (https://www.ejz.de/lokales/lokales/wegen-corona-polizei-loest-demo-in-luechow-auf_50_111866141-28-.html)

#leavenoonebehind Aktionen in Lüchow-Dannenberg

Angesichts der sich weiter zuspitzenden humanitären und politischen Katastrophe an den EU- Außengrenzen ist es unverantwortlich nicht zu protestieren. Wir sind wütend, empört und entsetzt. In Zeiten einer Pandemie ist gelebte Solidarität so wichtig wie nie und es gibt aktuell viele schöne regionale Beispiele, wie die Nachbarschaftshilfe. Doch mit wem sind wir solidarisch? Solidarität muss überall und für alle gelten! Wir sind entsetzt, dass diese Solidarität abhängig ist von Staatsbürger*innenschaften oder gesellschaftlichem Status.

In den letzten Tagen wurden in Deutschland mehrere Massenunterkünfte von Geflüchteten unter Quarantäne gestellt, obwohl es offensichtlich genügend Ressourcen gibt diese Menschen dezentral unterzubringen. Tausende Menschen werden ohne hinreichende Versorgung in den überfüllten Lagern an der griechischen EU-Außengrenze sich selbst überlassen. Die EU versperrt sich weiterhin allen Appellen, die Lager zu räumen und die Menschen sicher zu evakuieren. Vielmehr wird verstärkt abgeriegelt. Die offensichtlichen Rechtsverletzungen gegen Geflüchtete dürfen nicht im Schatten von Corona stehen.
Deshalb haben heute über 60 Menschen in Lüchow, Dannenberg und Hitzacker ihre Meinung in die Öffentlichkeit getragen. In einer der Situation angepassten, mobilen Aktionsform wurde mit einem respektvollen Anstand zueinander grenzenlose Solidarität und die Wahrung der globalen Menschenrechte gefordert.

Erschreckend war der brutale und unverhältnismäßige Polizeieinsatz. Zu Ansammlungen kam es nur, weil zwei Polizeieinheiten auf der Langen Straße in Lüchow die Wege blockierten oder sich durch ihre unverhältnismäßigen Maßnahmen zuschauende Passant*innen sammelten. Sieben Polizist*innen umzingelten beispielsweise einen Radfahrer mit Kindern mitten auf der Straße und zwangen sie ihre Schilder abzunehmen. Ohne Vorwarnungen und Gespräche wurden Menschen sofort zur Personalienkontrolle gezwungen, durchsucht oder auch hart angefasst. Dabei wurde der Sicherheitsabstand von den Beamt*innen nicht eingehalten. Einer Person wurde gewaltig das T-Shirt vom Leib gerissen, weil auf diesem eine Meinungsäußerung vermerkt war. Immer wieder war es die Polizei, die Gruppenbildung betätigte. Auch hängende Transparente wurden entfernt mit der Begründung, dass diese auch Menschentrauben verursachen könnten. Ein Passant wies auf die Absurdität der Szenen hin: „Einkaufen, Eis essen und arbeiten gehen sind natürlich okay, aber eine politische Meinung zu äußern ist direkt kriminell“. Bei einer ähnlichen dezentralen Aktion vor zwei Wochen gab es überhaupt keine Probleme. Um sich gegen die eventuelle erfolgenden Anzeigen wegen einer Ordnungswidrigkeit zu wehren, sollten sich alle Betroffenen mit dem Ermittlungsausschuss in Verbindung setzen:
https://ea-wendland.blackblogs.org/

Mehr den je gilt es die Menschenrechte gegen Rassismus und Staatsgewalt zu verteidigen. Wir können diesem Wahnsinn nur mit einer Rückkehr zu grundlegenden Rechten, Offenheit und Aufnahmebereitschaft begegnen.

Solidarische Provinz

aus: http://keinruhigeshinterland.org/2020/04/05/leavenoonebehind-aktionen-in-luechow-dannenberg/

Überwachungsstaat: Da zockt der Staat mal wieder die Menschen ab, schüchtert sie ein und schnüffelt in ihren Privatverhältnissen. Wohl mit freundlicher Unterstützung von Denunzianten. Aber es ist ja alles für unsere Sicherheit und wir haben ja soooo Angst vor unserem Nächsten, wir guten Untertanen. Und wie stets, wer die Knete hat, kann sich Bußgelder leisten, die anderen haben halt Pech.

50 bis 2.500 Euro: Das müssen Bremer bei Corona-Verstößen bezahlen

Noch immer gibt es laut Innensenator Mäurer Bremer, die den Ernst der Lage nicht verstanden haben. Diese Strafen müssen sie zahlen, wenn sie gegen Regeln verstoßen.

Folgende Strafen müssen Menschen in Bremen und Bremerhaven zahlen, sollten sie gegen die Vorgaben verstoßen. Alle Strafen gelten für den Erstverstoß – bei Wiederholungen kann sogar eine Geldbuße von bis zu 25.000 Euro verhängt werden.

1 Ausgang trotz Quarantäne

Menschen, die unter Quarantäne stehen und trotzdem die Wohnung verlassen, müssen mit einem Bußgeld in Höhe von 400 Euro rechnen. Sogenannte Kontaktpersonen der Kategorie 1 müssen 300 Euro zahlen, wenn sie in der Öffentlichkeit kontrolliert werden und mit Personen unterwegs sind, die nicht zum Haushalt gehören. Kontaktpersonen der Kategorie 1 sind Menschen, die in engem Kontakt mit einer Infizierten Person standen.

2 Besuch empfangen während der Quarantäne

Auch wer während er sich in Quarantäne befindet Besuch empfängt, verstößt gegen die Regeln im Land Bremen. Hier werden ebenfalls 400 Euro Bußgeld fällig. Kontaktpersonen der Kategorie 1 müssen 300 Euro zahlen, wenn sie Besuch empfangen.

3 Menschenansammlungen im öffentlichen Raum und private Feiern

Sogenannte Corona-Partys werden schon jetzt von der Polizei aufgelöst. Der Bußgeld-Katalog sieht Strafen in Höhe von 50 bis 150 Euro vor, wenn sich Menschen im öffentlichen Raum versammeln. Auch privat sind Feiern mit einer größeren Anzahl an Teilnehmern nicht erlaubt. In der Regel könne man erkennen, ob es sich um eine Familie handelt oder eine Gruppe, die nicht zusammengehört, sagte Mäurer.

aus: https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/politik/rechtsveordnung-bussgeld-corona-bremen-100.html

Kinder dürfen nicht auf Spielplätze, aber das Militär darf weiter spielen, morden ist halt systemrelevant

»Defender 2020« light in Polen

NATO-Großmanöver nicht eingestellt, sondern »deutlich reduziert«.
 
Die NATO-Großübung »Defender Europe 2020« ist wegen der Coronakrise nicht etwa eingestellt, sondern nur »in ihrem Umfang deutlich reduziert« – so heißt es in der Antwort des Bundesverteidigungsministeriums auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Zaklin Nastic (Die Linke), die junge Welt vorliegt. »Seit dem 13. März 2020 ist jeglicher Transport von Personal und Ausrüstung aus den USA nach Europa eingestellt. Auch innerhalb Europas finden keine Transporte, von einzelnen Versorgungsfahrten abgesehen, mehr statt«, schrieb der parlamentarische Staatssekretär Peter Tauber in der Antwort vom 25. März. Aber: »Die USA verfolgen noch modifizierte Übungsanteile mit bereits verlegten Truppenteilen in Polen.«

Die Bundeswehr werde »nach Beendigung der Covid-19-Pandemielage« die Übungsplanung generell anpassen. Nastic kritisierte am Mittwoch gegenüber junge Welt nicht nur das Festhalten an der Übung, sondern auch die irreführende Kommunikation und Berichterstattung: »Dass – anders als von der Mehrzahl der bundesdeutschen Medien suggeriert – ein Ende von ›Defender 2020‹ nicht in Sicht ist, ist ein Skandal.

aus: https://www.jungewelt.de/artikel/375735.defender-2020-light-in-polen.html

In jeder Gesellschaft bleibt die Polizei eine Gefahr für die Freiheit und Sicherheit der Menschen

Polizei sammelt in mehreren Bundesländern Coronavirus-Listen

In Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern erhielt die Polizei Listen mit Menschen, die an Covid-19 erkrankt sind. Auch in Niedersachsen und Bremen kam es nach Recherchen von netzpolitik.org zu einer Übermittlung sensibler Gesundheitsdaten. Datenschützer:innen halten dies zum Teil für illegal.

Die Polizei hat in mehreren Bundesländern Daten von Menschen erlangt, die mit dem neuartigen Coronavirus infiziert wurden. Auf solchen Listen stehen mindestens zum Teil auch Kontaktpersonen der Betroffenen. In Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern wurden Gesundheitsämter aufgefordert, diese sensiblen Daten zur Verfügung zu stellen. In Bremen und Baden-Württemberg wurde eine Übermittlung vorerst wieder gestoppt, nachdem Datenschützer:innen interveniert hatten.

Auch in Bremen hat sich die Datenschutzbeauftragte der Weitergabe von Daten Covid-19-Erkrankter an die Polizei angenommen. Erst durch eine Anfrage dieser Redaktion habe sie hiervon überhaupt erfahren, sagt Imke Sommer am Mittwoch.

Eine Sprecherin des Bremer Innensenators bestätigt, dass die Gesundheitsbehörde des Landes solche Daten weitergereicht hat – und wieder heißt es, dies diene dem Schutz der Beamt:innen. Nun werde „dieser Prozess aus datenschutzrechtlicher Sicht und in Abstimmung mit der Landesbeauftragten für Datenschutz aktuell neu definiert, sodass zurzeit keine Datenübermittlung stattfindet“, teilt die Sprecherin mit.

Imke Sommer hält eine regelmäßige Übermittlung der Gesundheitsdaten an die Polizei für rechtswidrig. Ihre Vermutung: Die angeführte Rechtsgrundlage – das Bremische Gesetz zur Behandlungseinleitung bei Infektionen mit übertragbaren Krankheiten durch Dritte – sei missverstanden worden.

Unbekannt ist, wie viele Menschen in Bremen derzeit tatsächlich von der Weitergabe der Daten betroffen sind. Der Sprecherin des Innensenators zufolge habe die Gesundheitsbehörde lediglich Daten einzelner Erkrankter weitergegeben. Genaue Angaben zum tatsächlichen Umfang wollte sie nicht machen.

aus: https://netzpolitik.org/2020/daten-von-infizierten-polizei-sammelt-in-mehreren-bundeslaendern-coronavirus-listen/

Bundesweiter Aktionstag # LeaveNoOneBehind

„Die Lage auf Lesbos spitzt sich zu. Seit Jahren herrschen inhumane Lebensbedingungen in den Flüchtlingslagern auf Lesbos, jetzt ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis in Moria die erste Person mit dem Coronavirus infiziert wird.

Wir als Menschen wollen den unverzichtbaren, humanitären Beitrag leisten und die Evakuierung der Lager auf Lesbos einleiten. Dafür muss sich Deutschland von der Vorstellung, eine einheitliche EU-Lösung zu finden, lösen und ihre grausame Abschottungspolitik beenden. Der Verein Mission Lifeline e.V. hat den ersten Charterflug von Lesbos nach Berlin organisiert, über 140 Kommunen, Städte und Länder sind bereit, Menschen aufzunehmen. Jetzt fehlt nur noch die Genehmigung seitens der deutschen Politik. Bundesweit müssen wir daher den Druck auf die Bundesregierung erhöhen.
Durch die derzeitige Coronakrise sind wir gezwungen, neue, kreative Wege zu finden. Neben der hohen Netzpräsenz möchten wir, eine Gruppe von Menschen, analoge, symbolische Zeichen setzen, um Druck auf die Regierung auszuüben. Dafür brauchen wir euch! In schon 14 Städten werden erste Flugzeuge in unterschiedlichsten Größen und Farben gebastelt, die am Donnerstag (den 02.04.2020) von 09:00 – 18:00 Uhr vor dem jeweiligen Rathaus eurer Stadt (in Berlin vor dem Kanzleramt) abgelegt werden sollen.
Bastelt auch ihr ein Flugzeug! Schreibt euer Statement darauf.“
aus: https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=111816397134804&id=111797687136675&__tn__=K-R

Auf den Fotos ist die Aktion vor dem Bremer Rathaus zu sehen.
Es gab keine Menschenansammlung und Abstände wurden gewahrt. Dennoch kam die Polizei, nahm die Personalien der dort anwesenden zwei Frauen auf und schoss Fotos von den Flugzeugen, vermutlich wird es eine Anzeige (Versammlungsgesetz) geben.
Die Polizei muss wohl extrem viel Langeweile haben, um so eine harmlose Aktion zu verfolgen. Und wie tönt es immer aus der Politik, das Gesalbe des Bundespräsidenten (Schlüsselfigur bei der Agenda 2010, holte den unschuldigen Bremer Kurnaz nicht aus Guantanamo, obwohl die Amis ihn entlassen wollten) und der Kanzlerin, Valium des Volkes (von wegen Klimakanzlerin, Kanzlerin mit Herz), von Solidarität, Verantwortung und blablabla ist reine Phrasendrescherei. Ein kaltes Land lässt Polizei auf solidarische Menschen los und hält nicht viel von Freiheitsrechten.

Essay: „Was bedeuten soziale Freiheit und Solidarität in Zeiten des pandemischen Ausnahmezustandes?“

Soziale Freiheit und Solidarität in Zeiten des pandemischen Ausnahmezustandes

Endlich sollte es die Letzte verstanden haben: Stay@Home, keep calm, shut down and control yourself! Die eindringlichen Appelle von Behörden, aus Regierungskreisen, Gesundheitsinstitutionen und sich moralisch überlegen fühlenden linken Bürger*innen sind eindeutig. Die Argumente kennen wir und erscheinen plausibel: Wenn wir uns jetzt alle runter fahren, unsere Aktivitäten und Kommunikation ins Internet verlagern, anstatt in physischen Kontakt zu treten eine „soziale Distanz“ wahren und – für diejenigen, die eines haben – das traute Heim nicht mehr als absolut „notwendig“ verlassen, dann erhöhen wir spürbar die Chance, Menschen aus Risikogruppen zu retten. Um Leben oder Tod geht es. Des Weiteren wird auf die enorme Belastung der Arbeitenden im Gesundheitssektor geschaut, sowie auf jene Kranken, deren Leiden vorerst nur noch zweitrangig behandelt werden können. Das sind nachvollziehbare und durchaus soziale Anliegen. Doch sind wir bereit, für dieses höchste Ziel, unsere Freiheit und diejenigen von anderen zu opfern, uns abzuschotten und uns mit den Schwächsten zu entsolidarisieren? Wollen wir durch unser aktives Mitwirken einer in ihren Grundfesten untragbar gewordenen Gesellschaftsformation zur Transformation in eine neue Form verhelfen? Doch in welche wollen wir sie transformieren?

(von Jonathan)

Herrschaftsinstrument Gesetz

Grundrechtsfragen und Infektionsschutzgesetz

Corona Freitag soll die Änderung des Infektionsschutzgesetzes durch den Bundesrat abgesegnet werden. Die jeweilige Bundesregierung erhielte zentrale Ermächtigungsmöglichkeiten:

Im Zusammenhang mit der durch das neue Corona-Virus ausgelösten Pandemie geriet das Robert-Koch-Institut durch die Auswertung von Bewegungsprofilen von durch den Telekom-Konzern zur Verfügung gestellten – vorgeblich anonymisierten – Handydaten in die Kritik.

Im Entwurf zur aktuell vorgesehenen Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) durch den Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) war ursprünglich sogar explizit eine personenbezogene Handyortung zur Überwachung von Infizierten vorgesehen, die nach einiger Kritik in den Medien jedoch vorerst zurückgenommen wurde.

87 JAHRE NACH DEM ERMÄCHTIGUNGSGESETZ:

Am 24.3.2020 stimmte das Kabinett für umfassende Ermächtigungen der Bundesregierung durch die geplanten Änderungen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG):

Diese könnten durch die vorgesehene Erweiterung des Kompetenzbereichs des Robert Koch Instituts (RKI) mit der geplante Änderung des §4 (S. 6) unter Anderem dennoch auf eine künftige Handyortung hinauslaufen.

Denn in dem Entwurf steht, dass das RKI mit den jeweils zuständigen Bundesbehörden, den zuständigen Landesbehörden, den nationalen Referenzzentren, weiteren wissenschaftlichen Einrichtungen und Fachgesellschaften zusammen arbeitet, sowie dass es auf Ersuchen der zuständigen obersten Landesgesundheitsbehörde, den zuständigen Stellen bei Maßnahmen zur Überwachung, Verhütung und Bekämpfung von bedrohlichen übertragbaren Krankheiten, auf Ersuchen mehrerer zuständiger oberster Landesgesundheitsbehörden auch länderübergreifend, Amtshilfe leisten kann und soweit erforderlich dabei „personenbezogene Daten verarbeiten“ darf.

Darüber hinaus soll der §5 (S.6) des IfSG dahingehend geändert werden, dass die Bundesregierung ohne Zustimmung des Bundesrates die „Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ bestimmen kann. Hierdurch soll das Bundesministerium für Gesundheit zu umfassenden Befugnissen ermächtigt werden.

Mit anderen Worten: Es geht um die Ermöglichung einer Zentralisierung bestimmter Befugnisse des Staates durch das Infektionsschutzgesetz.

aus: https://www.freitag.de/autoren/salz/grundrechtsfragen-und-infektionsschutzgesetz

Adoptiert einen Soldaten, damit die weg von der Straße kommen

Verfassungsbruch in Vorbereitung

Bundeswehr plant Mobilisierung von 15.000 Soldat*innen für den Inlandseinsatz

Am heutigen 27. März übertraf ein Bericht des Spiegels alle Befürchtungen: Die Bundeswehr macht mobil. Bis zum 3. April sollen 15.000 Soldat*innen für den Einsatz im Inland bereitstehen.

Nach den aktuellen Plänen sollen in einer Woche 6.000 Soldat*innen für die nicht weiter definierte „Unterstützung der Bevölkerung“, 2500 Logistiksoldat*innen mit 500 Lastwagen für „Lagerung, Transport, Umschlag“ und 18 Dekontaminationsgruppen mit etwa 250 Soldat*innen der ABC-Abwehr für Desinfektionsaufgaben zur Verfügung stehen. Darüber hinaus sollen allerdings auch über 6.000 Soldat*innen, 5.500 für „Absicherung/Schutz“ und 600 Militärpolizist*innen der Feldjäger für „Ordnungs-/Verkehrsdienst“ einsatzbereit gemacht werden.

Um diesen, in der bisherigen Geschichte der BRD nicht gekannten Großeinsatz der Bundeswehr zu führen werden Generalleutnant Martin Schelleis, dem Nationalen Territorialen Befehlshaber der Bundeswehr, vier regionale Stäbe unterstellt. Dabei handelt es sich allerdings nicht um die bisher in Katastropheneinsätzen, wie bei Hochwasser und extremen Schneefällen, erprobten Strukturen der Zivil-Militärischen-Zusammenarbeit. Stattdessen werden die Führungsstrukturen der Kampftruppen der Bundeswehr aktuell als regionale militärische Führungsstrukturen vorbereitet.

In den bisher bekannten Berichten über diese Mobilmachung ist von einer Rechtsgrundlage gar nicht erst die Rede. Die Bereitschaft von knapp 9.000 Soldat*innen für „Unterstützung der Bevölkerung“, Logistik und ABC-Abwehr lässt sich, unabhängig von weiterer Kritik, mit dem Artikel 35 im Grundgesetz (Amts- und Katastrophenhilfe) juristisch rechtfertigen. Wie der Einsatz von über 6.000 Soldat*innen und Feldjäger*innen für Polizei(ähnliche) exekutive Aufgaben im Inland allerdings mit der bestehenden Verfassung in Einklang gebracht werden soll, ist völlig offen. Alle bisherigen Auslegungen des Paragraphen 35 geben diese Einsatzoptionen nicht her. Exekutive Aufgaben blieben damit, auch angesichts einer Pandemie, eine ausschließliche Funktion der Polizei. Eine bestehende Option für bewaffnete Einsätze der Bundeswehr im Inland sieht das Grundgesetz in Artikel 87a, dem sogenannten Inneren Notstand vor, der ausschließlich greift, wenn der Bund, ein Land, oder die Verfassungsordnung durch militärisch organisierte und bewaffnete Unruhen bedroht wären. Die zweite Option ist der Spannungs- und Verteidigungsfall (Artikel 115a), also der Moment in denen die Regierung die Kriegsvorbereitung, oder den Kriegseintritt Deutschlands erklärt. Beide Optionen sind damit für den aktuellen Fall offensichtlich ausgeschlossen.

aus: http://www.imi-online.de/2020/03/27/verfassungsbruch-in-vorbereitung/

Polizei in ihrem Element

Wenn Demonstranten zu „Gefährdern“ erklärt werden

Die autoritären Krisenmaßnahmen zielen weniger auf Gesundheitsschutz als auf die Erzwingung politischen Gehorsams

Es herrscht Willkür in Schland. Die Polizei versucht mit massiver Präsenz weniger das Kontaktverbot zu kontrollieren, als den öffentlichen Raum zu leeren. Es scheint nicht um Infektionsschutz, sondern um die Erzwingung von Gehorsam zu gehen. Und ein Kanzleramtsminister legt mal so nebenbei im Wege der Verkündung fest, dass die Kontaktbeschränkungen auf jeden Fall bis zum 20. April zu bestehen haben, während sie in Berlin tatsächlich nur bis zum 5. April 2020 gelten. Niemand widerspricht dem Merkel-Minister.

Fast niemand. Für Samstag hatte zum Beispiel eine neue Initiative namens „Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand“ (KDW) zum Protest und zur Verteidigung der Grundrechtsartikel des Grundgesetzes aufgerufen, genannt Hygienedemo, weil der Körperabstand von zwei Metern inklusive Mundschutz eingehalten werden sollten.

Was sich dann etwa eine Stunde lang auf dem Rosa-Luxemburg-Platz vor der Volksbühne in Berlin abgespielt hat, ist mit den Begriffen Versammlung, Demonstration oder Kundgebung nur sehr unzutreffend zu beschreiben. Es war eine Art Live-Auseinandersetzung zwischen Zivilisten und Uniformierten.

Etwa 150 Demonstrationswillige kamen zu dem Platz und gut ein halbes Dutzend Mannschaftswägen mit vielleicht 50 Polizeikräften. Zunächst mahnte die Polizei per Lautsprecher, das Aufhalten auf dem Platz sei untersagt. Die Demonstrationswilligen bewegten sich einzeln oder zu zweit, viele mit Mundschutz auf und um den Platz. Die Beamten nahmen Ansprachen vor. Die Demonstrationswilligen verwickelten ihrerseits die Ordnungskräfte in Gespräche und erinnerten an die Grundrechte in der deutschen Verfassung.

Die Polizei meinte, der Schutz von Leben stehe über der Versammlungsfreiheit, ihre Maßnahmen folgten dem Infektionsschutzgesetz. Außerdem müsse eine Kundgebung angemeldet und bestätigt werden. Der Veranstalter, ein Mitglied des Vereins KDW, hatte seine Hygienedemo bereits am 24. März schriftlich bei der lokalen Polizeistation angemeldet und erklärt, die Hygieneanweisungen, wie Zwei-Meter-Abstand, einzuhalten. Nach Auskunft des Veranstalters kam von Seiten der Polizei keine negative Rückmeldung. Trotzdem behauptete der Polizeisprecher von Berlin noch am Samstag gegenüber Medien, die Demonstration sei nicht angemeldet.

Nur so nebenbei: Nach Artikel 8 Grundgesetz (Versammlungsfreiheit) haben „alle Deutschen [sic!] das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln“. Absatz 2 des Artikels relativiert allerdings, dass dieses Recht durch Gesetz beschränkt werden kann. Für Versammlungen in Räumen trifft diese Einschränkung nicht zu. Trotzdem sind sie wiederum bereits seit Wochen per Anordnung verboten.

Kundgebung ist Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz

Weil die mobile, anarchische Kundgebung rund um den Rosa-Luxemburg-Platz sich einfach nicht auflösen wollte, ging die Polizei dazu über, Platzverweise auszusprechen. Ein Mann, der daraufhin die Personalien des anordnenden Beamten haben wollte, wurde mitgenommen und zur eigenen Personalienabgabe gezwungen. Auch eine Frau, die alleine gekommen war und ein Plakat um den Hals trug mit der Aufschrift „Artikel 20 Abs. 4 Grundgesetz gilt!“, wurde des Platzes verwiesen. Der Artikel 20 beinhaltet ein Widerstandsrecht. In Absatz 4 steht: „Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen [sic!] das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“

Weil die Frau den Ort nicht verließ, sondern stattdessen um ihn herumspazierte, wurden ihre Personalien aufgenommen, und sie wurde wegen Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz angezeigt. Das sei eine Straftat, so der aufnehmende Beamte. Als Chronist, der das Szenario inmitten Berlins verfolgte, fragte ich den Polizeibeamten, wie denn dieses Plakat den Infektionsschutz gefährden könnte. Er sagte, mit diesem Plakat dürfe sie zu dieser Zeit nicht an diesem Ort sein.

Nachdem ich mit der Demonstrantin Kontakt aufgenommen hatte, befahl er, obwohl ich mich als Pressevertreter auswies, ich solle meine Tonaufnahmen von dem Gespräch löschen. Weil ich das ablehnte, beschlagnahmte die Polizei das Aufnahmegerät und stellte Strafanzeige wegen „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“ (§ 201 Strafgesetzbuch).

Laut Polizei wurden insgesamt 17 Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz und Widerstandes gegen Beamte eingeleitet.

aus: https://www.heise.de/tp/features/Wenn-Demonstranten-zu-Gefaehrdern-erklaert-werden-4692869.html

Nicht zu vergessen, der Krieg im Jemen, seit Jahren eine humanitäre Katasthrophe

Der Krieg gegen Jemens Kinder

Drei von fünf Kriegstoten sind unter fünf Jahren
2. Januar 2020 | Jakob Reimann


Doch was ist die Ursache für diesen im Grunde unfassbar hohen Anteil toter Kinder? In der Graswurzelrevolution Nr. 434 vom Dezember 2018 berichtete ich über einen Anschlag, bei dem ein saudischer Kampfjet zwei 500-Pfund-Bomben der US-Rüstungsschmiede Lockheed Martin auf einen Schulbus in Dahyan im Nordjemen abwarf und dabei 51 Menschen tötete, 40 von ihnen Schulkinder. (4) Doch stellen derartige Gewaltexzesse gegen Kinder die Ausnahme dar. Zur Erklärung des beschriebenen Missverhältnisses müssen wir uns die von der Denver University hinzugefügten Sekundärphänomene ansehen – den schleichenden Tod. Denn der auf jeden Krieg zutreffende Umstand, dass durch Waffengewalt getötete Menschen nur eine Fraktion der Kriegstoten ausmachen, wird im Jemen auf die Spitze getrieben. So wütet neben einer historischen Hungerkatastrophe – die UN warnte vor „der schlimmsten Hungersnot der Welt seit 100 Jahren“ – mit über 2,2 Millionen Infizierten die mit weitem Abstand größte jemals registrierte Choleraepidemie. (5)

Mitte November berichtete ich als Einzige*r im deutschsprachigen Raum über eine ausbrechende Malariaepedimie, innerhalb weniger Wochen registrierte das Houthi-geführte Gesundheitsministerium 116.522 Infektionen und 500.000 mehr Verdachtsfälle. (6) Auch sind Denguefieber, Masern und Diphtherie auf dem Vormarsch – und von all diesen Sekundärphänomenen sind Kinder, besonders die kleinsten unter ihnen, besonders heftig betroffen.

Dieses deprimierende Kapitel zusammenfassend, das katastrophale Résumé des jemenitischen Gesundheitsministers al-Mutawakel: „Im Jemen sterben jedes Jahr 100.000 Kinder am Krieg und der Belagerung, an Krankheiten und Epidemien.“

Outsourcing von Krieg, im globalisierten Kapitalismus sind Elitesoldaten frei handelbare Güter, die für aberwitzige Gehälter den Tod in die entferntesten Ecken der Welt tragen. Im Jemen führen die zumeist hochausgebildeten Einheiten taktische Operationen, komplexe Bombenanschläge oder Attentate auf Oppositionelle und Geistliche durch – für stupide Grabenkämpfe an der Front (13) sind diese Investments zu wertvoll, so muss auf dem globalisierten Söldnermarkt nach billigen Alternativen gesucht werden. Fündig wurden die Koalitionäre auf der anderen Seite des Roten Meers, im vom Darfur-Genozid ab 2003 noch immer kriegszerstörten Sudan – und niemand ist hier so billig wie Kinder.

Rund 14.000 Söldner aus dem Sudan befinden sich zu jedem Zeitpunkt, angefangen wenige Monate nach Kriegsbeginn, im Jemen, erklären zurückgekehrte Kämpfer und sudanesische Politiker*innen, die diesem Spuk ein Ende setzen wollen, gegenüber der New York Times (14); manche Quellen sprechen von bis zu 30.000 Kämpfern. (15) Eine Entsendung läuft in der Regel ein halbes Jahr, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass die Gesamtzahl sudanesischer Söldner, die im Jemen stationiert waren, in die Hunderttausende geht. Die Sudanesen werden in heftig umkämpften Regionen wie in der von den Houthis belagerten Metropole Ta’iz eingesetzt oder in der Schlacht um die wichtigste Hafenstadt des Landes, Hodeida. Sie sind oft ungeschützt und übernehmen die gefährlichsten Aufgaben. „Sie behandeln die Sudanesen wie ihr Feuerholz“, beschreibt der 25-jährige Ahmed treffend die Situation. Die rekrutierten sudanesischen Kinder und Jugendlichen sind zwischen 13 und 17 Jahre alt, sie machen zwischen 20 und 40 Prozent der sudanesischen Einheiten aus. Demnach sind zu jedem Zeitpunkt Tausende sudanesische Kindersöldner im Jemen stationiert, insgesamt geht ihre Zahl gewiss in die Zehntausende.

aus: https://www.graswurzel.net/gwr/2020/01/der-krieg-gegen-jemens-kinder/

Für Kinder ist auch die Gesellschaft verantwortlich, Kinderarmut ist ein gesellschaftliches Armutszeugnis

Gesundheit von Kindern aus ärmeren Familien ist schlechter

Wenn Familien Hartz IV benötigen, leiden darunter oft die Kinder. Auch ihre Gesundheit ist oft schlechter als bei Gleichaltrigen, zeigen Informationen der Regierung.
 
Kinder und Jugendliche aus ärmeren Familien haben häufiger einen schlechten Gesundheitszustand und sind öfter von Entwicklungsverzögerungen, psychischen Auffälligkeiten oder Übergewicht betroffen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der FDP im Bundestag hervor. Die Regierung trägt darin verschiedene Studienergebnisse zusammen.
 

Demnach ist zum Beispiel bei Jungen im Alter zwischen sieben und zehn Jahren, von denen kein Elternteil Vollzeit erwerbstätig ist, der allgemeinen Gesundheitszustand schlechter als bei Gleichaltrigen mit mindestens einem Vollzeit erwerbstätigen Elternteil. Zudem wiesen Kinder und Jugendliche aus ärmeren Familien ein erhöhtes Risiko für eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) auf. Den Daten zufolge liegt das Risiko um das 2,8- bis 4,4-fache höher.

Weiterhin nähmen betroffene Kinder und Jugendlich zahnärztliche Vorsorgeuntersuchungen deutlich weniger oft wahr. Außerdem ist das Ernährungsverhalten der Kinder und Jugendlichen laut den Studiendaten ungesünder. Zum Beispiel tränken sie deutlich häufiger zuckerhaltige Erfrischungsgetränke als Gleichaltrige.

aus: https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2020-03/kinderarmut-gesundheit-kinder-entwicklung-uebergewicht-studien

Buch von Friederike Habermann: Ausgetauscht! Warum gutes Leben für alle tauschlogikfrei sein muss

„Ausgetauscht? Tauschlogikfrei?
Was spricht gegen gerechten Tausch?
Nichts – solange alle Beteiligten ihrem Bedürfnis entsprechend handeln.
Dafür aber müssen alle Beteiligten frei entscheiden können. Dies ist der Aspekt, den die Wirtschaftswissenschaften vernachlässigen: Frei sind wir nur in einer Gesellschaft, die Menschen nicht ökonomisch zwingt, etwas gegen ihr Bedürfnis zu tun. Genau darauf aber beruht eine Tausch- bzw. Marktgesellschaft. Tausch bzw. Geld legitimiert scheinbar, dass Menschen in die Situation kommen, bei etwas zustimmen zu müssen, das sie nicht gerne tun. Sozusagen Erpressung light: Sie werden ökonomisch gezwungen. Continue reading